What day is today? Who cares, I'm retired
- Holger Schweitzberger
- 1. Okt.
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 2. Okt.

unten 01. Oktober 13°C
Ab heute ist es soweit! Ich erhalte keinen bezahlten Urlaub mehr und Krankschriften werden mir auch verweigert. Na ja, mit den Alten können sie es ja machen. Von wegen Solidargemeinschaft.
Heute soll es laut App das erste und auch letzte Mal während unseres Aufenthalts etwas regnen. Für genau diesen Fall, haben wir uns Aktivitäten, die im Inneren von Gebäuden durchzuführen sind, bisher auf ein Minimum reduziert.
Auf dem Weg zum Coffeeshop regnet es bereits, früher als geplant, aber zu ändern ist es nicht.

Nach einem wieder guten Frühstück, laufen wir zur St. Stephans Basilika. Es regnet auch nicht mehr und nach ca. zehn Minuten sind wir am Ziel. Den Weg dorthin finden wir nun schon ohne Hilfsmittel, irgendwann arbeiten wir als Budapest-Guides.
Vor der Basilika findet heute ein Musikworkshop statt. Als wir ankommen, singt auf den Stufen ein Chor einer Musikschule. Das hört sich toll an, vor allen Dingen wenn sie einen Kanon singen. Verdienterweise gibt es von den Zuschauern viel Applaus und die Kinder schauen stolz in die Runde.

Tickets für die Basilika gibt es nicht am Eingang, das wäre auch zu einfach, nein, ein kleines Schild weist den Weg in 60 Meter Entfernung. Mit den Ausschilderungen, das haben wir mittlerweile gelernt, nehmen es die Ungarn nicht so genau. Wir finden jedenfalls kein Ticket Office, geschweige denn einen weiteren Hinweis.
Also bleibt mir nichts weiter übrig, als die Karten online zu buchen. Das ist recht mühsam, aber nach zehn Minuten habe ich die Bestätigung in meinem Posteingang.
Jetzt zurück zum Eingang und siehe da, ganz versteckt auf der anderen Seite befindet sich das Office. Wir sind wahrscheinlich die einzigen Blinden an diesem Ort, den an der Kasse steht schon eine lange Schlange.
An der Hauptfassade der Basilika sind die Worte Jesus Christus zu lesen: "EGO SUM VIA VERITAS ET VITA", "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben". Die Gruppe der Statuen auf dem Tympanon zeigt die Jungfrau Maria, in ihrem Schoß mit dem kleinen Jesus, umgeben von den ungarischen Königen und Heiligen. In den Heiligennischen des Turms befinden sich Statuen der vier westlichen Kirchenväter - Papst Ambrosius, Hieronymus, Augustinus und Gregor der Große. In den Nischen des Kuppeltambours blicken die sitzenden Figuren der vier Evangelisten - Matthäus, Markus, Lukas und Johannes - in Richtung der vier Himmelsrichtungen. In der Fassadengalerie auf der Ostseite steht eine große Gruppe von Statuen, die Jesus Christus umgeben von den 12 Aposteln darstellt. Alle Fassadenstatuen stammen von Leó Feszler.
Im Foyer der Kirche, über dem Apostel-Tor von Ödön Szamovolszky, befindet sich das Marmortondo des Namensheiligen der Basilika, das von Károly Senyei modelliert wurde. Das halbkreisförmige Mosaik ist ein Werk von Mór Thán, auf dem der Erlöser auf Wolken thront.
Diese Infos erhalten wir über die App der Basilika. Sie steht zum kostenlosen Download bereit und ist sehr informativ, auch wenn sie bei jedem Beitrag mindestens einmal abstürzt.
Das Innere der Basilika ist so mit das Schönste was ich je an Gotteshäusern gesehen habe. Der Petersdom überbietet es wahrscheinlich nur wegen seiner Symbolik. Die Schönheit hier ist einfach unübertroffen.
Im Inneren der St.-Stephans-Basilika in Budapest erwartet den Besucher ein prachtvoll gestalteter Raum voller religiöser, künstlerischer und historischer Schätze.
Die Hauptkuppel hat eine Höhe von 96 Metern und ist im Inneren ist ein monumentales Fresko von Gottvater, umgeben von Engeln – geschaffen von Károly Lotz, einem der bekanntesten ungarischen Maler des 19. Jahrhunderts. Die Kuppel selbst ist reich vergoldet und verziert, was dem Raum eine erhabene Atmosphäre verleiht.
Der Hochaltar wird von einer weißen Marmorstatue des Heiligen Stephan, dargestellt als König und Heiliger, dominiert. Umgeben von Säulen, Goldverzierungen und Mosaiken ist der Altar das religiöse Herzstück der Basilika.
In einer Seitenkapelle (rechts vom Haupteingang) befindet sich eine der bedeutendsten Reliquien Ungarns:
Die mumifizierte rechte Hand des Heiligen Stephan, die sogenannte Szent Jobb. Sie ist in einem reich geschmückten Schrein mit Beleuchtung ausgestellt.
Mehrere Seitenkapellen sind u.a. mit Altären, Statuen, Gemälden, Stuckarbeiten und Goldverzierungen kunstvoll gestaltet. Besonders sehenswert dabei sind die Sakristei und die Marienkapelle.
Die Basilika beherbergt eine riesige Orgel, die regelmäßig für Konzerte genutzt wird. Die Akustik in der Basilika ist außergewöhnlich gut.
Überall in der Kirche findet man aufwändige Mosaike, die Szenen aus dem Leben Jesu, Mariens und ungarischer Heiliger darstellen. Die Decken und Wände sind reich bemalt und vergoldet. Viele der Statuen stammen von bedeutenden ungarischen Künstlern des 19. Jahrhunderts.
Über eine Treppe oder mit dem Aufzug kann man die Innen- und Außenkuppel erklimmen. Innen sieht man Details der Malereien und Architektur, außen erwartet einen ein atemberaubender Blick über Budapest.
Das gesamte Kircheninnere folgt einer sorgfältig durchdachten theologischen und nationalen Symbolik:
Der Heilige Stephan als Gründungsvater Ungarns, in vielen Darstellungen die 12 Apostel, ungarische Märtyrer und Heilige, sowie Gold als Symbol für göttliches Licht.
Urplötzlich ertönt die Orgel, zwei Spieler haben an ihr Platz genommen und unterhalten zehn Minuten alle Anwesenden, die all bedächtig zuhören und sich danach mit einem donnernden Applaus bedanken.
Die Akustik während des Spiels war einmalig.
Wer sich in Budapest befindet, sollte sich diese Attraktion nicht entgehen lassen, auch wenn der Zugang zum Inneren mittlerweile Eintritt kostet.
In unserem Ticket ist der Zugang zur Panoramterrasse inbegriffen. Man kann zu ihr entweder über eine Treppe (nichts für Leute mit Höhenangst) oder einem Lift (für Rentner) gelangen. In den Lift passen nur vier Personen, aber nach zwei Durchgängen sind wir an der Reihe.
Dann gilt es noch einmal einige Stufen auf die Terrasse zu überwinden. Dabei sieht man die Kuppel von oben, es gleicht einem Maschinenraum und ich bin froh, als ich auf der Terrasse bin.
Der Blick über Budapest ist von hier einmalig, vor allen Dingen steht man mit den Türmen der Basilika Auge in Auge. Nach anfänglich weichen Knien, habe ich mich an die Höhe gewöhnt und kann auch an die balustraden treten ohne ohnmächtig zu werden.
Auch dieser Trip nach oben hat sich voll gelohnt.
Die Waffen- und Schatzkammer ist nicht so der Hit, sie ist nun mal im Preis mit inbegriffen, also drehen wir hier auch eine kleine Runde. Gäbe es sie nicht, würde es wohl auch keinem auffallen.
Schräg gegenüber der Basilika ist ein Eisladen. Die Waffeln werden kunstvoll mit drei Sorten Eis als eine Blume geformt. Wir bestellen unser Eis aber in einem Becher, meins war gar nicht mal so gut, Heidis hat geschmeckt.

Bisher hat es nicht mehr geregnet, also machen wir uns auf den Weg ins jüdische Viertel. Die größte Synagoge öffnet erst übermorgen wieder, aber es soll noch eine kleinere geben - die hat lt. ihrer Webseite geöffnet.
Mit dem Bus sind wir in ein paar Minuten vor Ort. Heute und morgen ist Jom Kippur, der höchste jüdische Feiertag, deshalb bleibt also die Synagoge geschlossen. Natürlich hat auch die Kleinere heute nicht geöffnet, wahrscheinlich war ihr Webmaster schon im vorgezogenen Urlaub.
Wir spazieren etwas durch das Viertel, viele Geschäfte haben zusätzlich zur ungarsíschen auch hebräische Reklame. Alles in allem ist aber nicht viel zu sehen, eigentlich sind die Häuser alle renovierungsbedürftig. Als wir uns nach einem Bus für die Rückfahrt umschauen, merken wir, dass wir uns in der Rakoszi befinden. Sie war zu DDR-Zeiten der Inbegriff einer sozialistischen Prachtstraße mit Westniveau. Heute ist davon nicht mehr viel übrig, oder wir haben uns schon an andere Maßstäbe gewöhnt.
Unser Langosladen hat heute freie Plätze und auch an der Kasse ist es überraschenderweise sehr leer. Also testen wir hier noch ein Langos und trinken das köstliche Dreher Fassbier. Heidi Kirsch, ich IPA.

Alles schmeckt super, auch wenn wir finden, dass dieser Langos etwas zu würzig ist. Das bewahrheitet sich Stunden später - wir haben immer noch Durst.
Doch jetzt erst einmal Siesta und dann sehen, was der Abend bringt.

Was steht noch auf unserer ToDo-Liste? Zum Beispiel der Heldenplatz und das Überqueren der Kettenbrücke bei Nacht.
Also geht es zur Metro Station Oktogon und vier Stationen bis zum Bahnhof Heldenplatz. Wir fahren wieder mit einer diesen herrlichen alten U-Bahnen und werden am Ausgang zum ersten Mal kontrolliert. Aber wir haben ja nichts zu befürchten.
Der Platz ist sehr groß und schön beleuchtet. Am Abend sieht er sicher besser las bei tag aus, aber das werden wir morgen heraus finden.
Er ist auf der einen Seite von der Andrássy-Allee von der anderen vom Stadtpark begrenzt und nahm im Jahr 1896 zum tausendjährigen Jubiläum der ungarischen Landnahme Gestalt an. Damals wurde die Kunsthalle eröffnet, die sich, wenn man ihm gegenübersteht, auf der rechten Seite des Platzes befindet, und noch im selben Jahr wurde der Bau des ihr gegenüberliegenden Museums der Schönen Künste und des Millenniumsdenkmals beschlossen.
Bis 1929 wurde das gesamte Werk fertiggestellt: In der Skulpturengalerie sind die bedeutendsten Herrscher aus den tausend Jahren, die Skulpturengruppe der sieben Anführer der Landnahme, davor die gefallenen ungarischen Helden in einem symbolischen Grab und oben auf der Säule schließlich der Erzengel Gabriel dargestellt. Um die Säule und den Sockel bilden die beiden halbkreisförmig angeordneten Säulenreihen eine optische Einheit. Der Budapester Heldenplatz und die Andrássy-Allee gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Das schreibt eine große Tafel am Eingang des Platzes.
Wir gehen zurück zur Metro und fahren bis zur Endstation der M1. Hierbefindet sich das Café Gerbaud in dem wir morgen frühstücken uns eines der großartigen Kuchen gönnen wollen.
Mit der Tram 2 fahren wir noch 2 Stationen bis zur Kettenbrücke und schlendern gemütlich auf ihr nach Buda. Es ist wunderschön, die gesamte Illumination lädt eigentlich dazu ständig zu fotografieren. Alles ist sauber, keine Graffitti oder Müll ist zu finden. Wir fühlen uns sichtlich wohl.
Nicht wohl fühle ich mich bei der Vibration der Brücke, die immer dann einsetzt wenn die Busse vorbei donnern. Obwohl ich weiß, dass dies normal ist, überkommt mich doch ein unwohles Gefühl.
Der Bus 210 bringt uns wieder in unsere Hood. Bei einem asiatischen Imbiss essen wir noch zwei Suppen und begeben uns dann ins Hotel.

Hier lüpfen wir noch einen Abschiedsdrink und begeben uns dann ins Bett.
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