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Go North - Kalkfeld


Dienstag 12. Juli Erste Nachricht des Tages: Heidi Koffer ist auf dem Weg in den Etosha Nationalpark. Ich glaube allerdings noch nicht daran, werde aber sicher (hoffentlich) eines Besseren belehrt. Morgen wissen wir mehr.

Es ist einmal wieder schön in einer Wohnung zu schlafen und jede Menge Platz zu haben. Aber jetzt reicht es auch wieder. Wir werden von fahrenden Autos geweckt, die auf der Hauptstraße vor unserer Wohnung vorbei fahren. Das hatten wir auch schon lange nicht mehr.


So schnelles Internet hatten wir in Namibia überhaupt nicht. Alle Fotos konnten in die Cloud und offenstehende Berichte konnte ich versenden.

Ziel ist heute das 350km entfernt liegende Mount Etjo Safari Lodge. Dort haben wir eine Campsite mit Dusche und Strom. Wenn wir bis 15:00 Uhr dort sind, können wir vielleicht noch an der Sundowner Tour teilnehmen. Mals sehen.


Zuerst fahren wir 177km normale Straße - heißt max. Tempo 100km/h. Danach geht es auf die C33. Normalerweise Gravel, aber ich habe gelesen, dass sie asphaltiert sein soll. Ich bin gespannt.


Die Straßennamen beginnen alle mit Buchstaben. Komischerweise mit B. Je höher der Buchstabe im Alphabet, desto besser ist die Qualität. B ist mit unserer Landstraße zu vergleichen, auch C haben wir schon asphaltiert gesehen. Aber such unterirdisch schlecht.


D ist dann noch etwas schlechter, F haben wir nur als Einbuchtung erlebt, dazu kann ich nichts sagen.


Diesmal werde ich aber nicht vergessen, vor dem Befahren der Kieswege, den Reifendruck auf den hinteren Reifen zu verringern. Ich denke, dass der hohe Reifendruck die Ursache für unsere Reifenpanne war. Dazu ist der Camper gerade auf der Hinterachse zu schwer.

Der morgendliche Blick aus dem Fenster zeigt typisch norddeutsches Wetter. Es nieselt leicht und es ist wolkig. Ich weiß bereits, dass das in Namibia nichts heißt, denn nach dem Sonnenaufgang erwartet einen meist ein sonniger Tag.


Ich nutze die Gelegenheit, um noch einmal ausgiebig zu duschen und das Internet auf seine Standfestigkeit zu prüfen. Wir haben hier unsere bisher beste und schnellste Verbindung.


Nachdem auch Heidi wach ist, gehe ich zum Supermarkt um etwas zum Frühstück zu kaufen. Diesmal ist es kein Spar sondern er heißt Shoprite. Wie ich allerdings leidvoll erkennen muss, ist 7:30 Uhr noch nicht seine Zeit, er öffnet erst 8:00 Uhr.


Nicht schlimm, 200 Meter von uns befindet sich eine Tankstelle, hier finde ich alles was wir brauchen. Belegtes Schwarzbrot und Kaffee. Gleich daneben ist auch ein Nissan Händler mit dazugehöriger Werkstatt angesiedelt. Praktisch für uns, fahren wir ja auch einen Wagen dieser Marke. Aber bei uns ist ja nichts kaputt, also kommen wir nicht ins Geschäft.

Nachdem auch Heidi geduscht und wir ausgiebig gefrühstückt haben, packen wir unsere sieben Sachen und starten die 334 Kilometer nach Kalkfeld. Wir verabschieden uns von Evelyn, unserem Host (oder sagt man Hostin?), das erste Ziel ist aber die Tankstelle.


In Namibia sollte man immer tanken wenn eine Möglichkeit besteht, da es ungewiss ist, wann in der einsamen Öde der Pads die nächste Filling Station auftaucht.


Wie immer wird man von den Mitarbeitern an eine Tanksäule geleitet. Auch heute ist das so, nur soll ich an eine heran fahren, bei der sich die Zapfsäule auf der falschen Seite befindet. Na, mir solls egal sein, ich muss den schweren Schlauch nicht herumwuchten.


Erstaunt schaut die Petrol-Mitarbeiterin an unseren Camper. "Der hat ja gar keinen Tank", meint sie erschrocken. "Doch", erwidere ich, "wie alle Camper dieser Baureihe, befindet sich der jedoch auf der anderen Seite".


Das ist ihr jetzt unangenehm, ich erwidere, dass dies ja nun wirklich kein Problem ist und drehe noch eine Runde, um die richtige Seite mit dem Tankstutzen an der Zapfsäule zu haben.


Ich steige diesmal mit aus, um auch den Kanister heraus zu holen. Vorsichtshalber werden wir ihn heute auch auffüllen. "Der Tankverschluss ist nicht abgeschlossen, den können Sie einfach öffnen", sage ich zu Miriam, falls ihr Namensschild nicht gefaket ist.


Ich sehe, wie sie sich weiter müht. Nun lege auch ich Hand an - kein Erfolg. Auch die anderen Kollegen können den Tank nicht öffnen. Irgendein Tankwart hat ihn das letzte Mal wohl so verkantet, dass er sich nicht mehr öffnet.

Er erinnere mich an den freundlichen Nissan Händler nebenan. Wie praktisch, ich statte ihm schnell einen Besuch ab und bitte um Unterstützung. Sofort kommt ein Mechaniker und schaut sich seine neue Herausforderung an. "Oh, that is a problem!" sind seine ersten Worte. Na, dass weiß ich auch selber. "Jupp" sage ich, "deshalb haben wir ja jetzt erfahrene Spezialisten geholt". Auch er möchte meine Schlüssel, ich erwidere dass nicht abgeschlossen ist. Egal. Er bekommt es auch nicht auf. Ich möchte in seine Werkstatt fahren, da hat er mehr Werkzeug.


Gesagt, getan. Der Tankverschluss ist wohl nicht mehr Original Nissan Equipment, jetzt hilft nur noch rohe Gewalt. Ob mir das Recht sei, werde ich gefragt. Klar, ich muss ja tanken. Wenn nicht heute, spätestens morgen.


Mit Schraubendreher und Zange machen sich nun zwei Kollegen daran, mit brachialer Gewalt den Stutzen zu öffnen. Und siehe da, nach einer Minute haben sie ihn in ihren Händen. Unserem Tankgenuss steht also nichts mehr im Weg.


Auch einzusetzen funktioniert, ich brauche jetzt nur immer einen Schraubendreher um das Teil zu öffnen. Für 200 N$ könne ich seinen kaufen, meint er. Ich will ja eigentlich nicht die ganze Werkstatt haben, denke ich und lehne sein Angebot über die umgerechnet 12,50€ ab.


Kosten tut die Hilfsaktion nichts, dann gibt’s halt ein Trinkgeld und ein großes Dankeschön.


Nun können wir tanken und danach noch im Supermarkt einkaufen inkl. Schraubendreher. Der kostet da 2,50€.

Vollbepackt mit unserem Einkauf machen wir uns nun auf die Weitereise. Wir verabschieden uns vom Atlantik und Swakobmund, eine - für namibische Verhältnisse - Großstadt, die man aber nicht unbedingt gesehen haben muss. Noch nicht ahnend, dass wir noch eine Weile in den Genuss ihrer Häuser und Straßen kommen werden.


Nämlich solange, bis wir endlich die Umleitung gefunden haben, die uns wieder auf die B2 Richtung Windhoek bringt. Und dass sind bestimmt 30 Minuten. Wertvolle Millisekunden.


Die B2 ist wohl die meist befahrenste Strecke in Namibia, verbindet sie doch die beiden Großstädte Swakobmund und Windhoek. Entsprechend viele LKWs sind unterwegs.

Die Qualität der Straße reicht nicht an die der B1 an, aber wir sind froh nicht durchgerüttelt zu werden und mit 90 km/h Richtung Nordosten vor uns hin zu cruisen.


Die Ortsnamen haben nun fast alle afrikanische Namen, auch sehen wir hier kaum weiße Menschen. Auf den Straßen der Städte, spielt sich das eigentliche Leben ab. Viele kleine Verkaufsstände, die meist alle das Gleiche anbieten (Zwiebeln, Äpfel, Tomaten) und auf Kundschaft warten. Daneben kleine Grillstände, die Porridge kochen oder Fleisch braten.

Alle Menschen sind sehr freundlich, lachen und winken uns oft zu. Alle, die ich frage, ob ich ein Foto von ihnen machen darf, bejahen dies und stellen sich dazu noch einmal in Pose.

Die Frauen haben meist bunte Kleider an und sehen sehr schön aus. So haben wir uns Afrika vorgestellt.

In Karibib tanken wir noch einmal, mein neuer Tankschlüssel funktioniert dabei einwandfrei. Von hier geht es auf der C33 weiter Richtung Kalkfeld. Wie ich gestern schon las, ist die C33 auch asphaltiert, was natürlich ein schnelles Weiterkommen ermöglicht.


Die Gegend während der gesamten Fahrt ist eher unspektakulär, wenn nicht sogar langweilig. Wüstengras wohin man schaut. Auch Tiere sehen wir nicht, obwohl an vielen Verkehrszeichen angedroht. Aber das kennen wir ja, immer wenn solche Zeichen zu sehen sind, passiert nichts. War in den USA mit den Karibus ebenso.


Ab Kalkfeld geht es die letzten 36 Kilometer noch einmal auf Pad bis zum heutigen Ziel. Der Tag war sowieso als Fahrtag deklariert und mit knapp fünf Stunden Reisezeit inklusive Pausen auch nicht anstrengend.


Ich lasse die Luft aus den hinteren Reifen, bis wir auf 3,0 bar kommen. Dabei stelle ich fest, dass der eine Reifen doch schon ganz schön Profil verloren hat. Da sich hier auch eine Tankstelle befindet, nutze ich die Gunst der Stunde und lasse ihn morgen wechseln. Es ist übrigens nicht der, der letzte Woche neu aufgesetzt wurde.

In der Lodge angekommen, müssen wir wie immer den unsäglichen Schreibkram erledigen. Mir wird angeboten, den Reifen morgen auch hier wechseln zu lassen, was ich gern annehme.


Die Campsite liegt drei Kilometer entfernt, in der Richtung aus der wir kamen. Die Lodge bietet Sundowner- und Morgentouren, Löwenfütterungen und Nashornbeobachtungen an. Nachdem wir aber sehen, dass sich bereits am Eingang Giraffen und Antilopen tummeln, die keine Anstalten machen, sich vor den Menschen in Sicherheit zu bringen, sind wir ziemlich sicher dass das gesamte Gelände wohl eher einem Zoo gleich zu setzen ist. Und den haben wir ja in Berlin selbst.


Auf meine Frage, ob die Löwen, wilde Löwen seien, erhalte ich als Antwort: "Ja, aber sie werden immer vom Personal gefüttert". Ah, wie Löwen im Tierpark, denke ich und bedanke mich für die Antwort.


Die Campsite ist wieder sehr schön, wie alle bisher auf unserer Reise. Wir haben eine eigene Duschen, Strom, einen großen Braai-Platz mit kostenlosem Holz und Blick auf ein sehr großes Wasserloch, an dem sich die Tiere treffen um zu trinken. Leider ist es im Moment ausgetrocknet.

Ich bereite den Grill vor und Heidi den Salat. Heute gibt es ein rein vegetarisches Menu: Maiskolben. Tomaten-Gurke-Feta-Salat und Lammkotelett.


Da wir von Bäumen umgeben sind und die Sonne auch noch hinter einem Berg untergeht, erleben wir heute zum ersten Mal keinen schönen Sonnenuntergang. Was uns allerdings nicht davon abhält, noch einen Sundowner zu trinken und uns auf den morgigen Tag zu freuen. Da geht es endlich in den Etosha Nationalpark. Und das bedeutet, die Möglichkeit die Big Five zu bewundern. Na ja, eigentlich nur Big Four, denn Wasserbüffel gibt es im Etosha nicht.

Was es aber vielleicht im Etosha morgen gibt, ist Heidis Koffer. Dort soll er ja schon hingeschickt sein. Und aufmerksame Leser werden sich sicher erinnern. An einem 13. nämlich den 13.6.2014 erhielten wir nämlich im Yellowstone unser Gepäck zurück. Und morgen ist auch der 13. Wenn auch Juli.


Irgendwie wittere ich eine Verschwörung.

Trotzdem freuen wir uns irre auf Etosha.





1 Kommentar

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juliane.schweitzberger
13. Juli 2022

Unglaublich 😀 herrlich zu lesen.

Ich drücke euch die Daumen...ob Tiere, Koffer oder Camper 🍀

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