Flamingo Lagoon und die deutscheste aller namibischen Städte
- Holger Schweitzberger
- 21. Juli 2022
- 4 Min. Lesezeit
Dienstag, 11.Juli Heute wollen wir etwas früher los als sonst, stehen doch über 220 km Gravel nach Swakobmund an. Da wir unseren Reifen in Sesriem abholen mussten, müssen wir unseren Ablaufplan komplett ändern.
Aus dem Raster fiel leider der Besuch bei den San, einem Buschvolk, die auch durch ihre Klicklaute bekannt sind. Das wollte ich so gern hören. Egal, man kann nicht alles haben. So sehen wir wenigstens den Atlantik und hoffentlich auch Flamingos.
8:00 Uhr, kurz nach Sonnenaufgang und dem ersten Sunriser fahren wir auf der C14 gen Nord-Westen.
Wir befahren das Gebiet des Erongo und bei Schlesien gilt es viele Serpentinen zu bezwingen. Nur manchmal ist die Straße schlecht, meist aber sehr schlecht. Wir kommen auf einen Durchschnitt von 50 km/h.
Heute kommen uns mehr Autos entgegen las uns überholen. Wenn der Wind schlecht steht, weht uns der ganze Sand vors Auto und wir sind erst einmal für 20 Sekunden blind. Da hilft es auch nicht, dass Heidi versucht den Wind weg zu pusten.
Die Idee mit dem frühen los fahren war suboptimal. denn die Sonne scheint uns genau ins Gesicht. Selbst mit Sonnenbrille habe ich es schwer, den Fahrweg zu erkennen. Als sie dann höher steht, ist der Fahrer del Leidtragende, denn sie heizt unerbittlich auf ihn ein. Scheiß Linksverkehr.
Die Gegend ist wieder traumhaft, wir durchfahren Auenland und warten eigentlich nur auf die Hobbits, erscheint Kraterlandschaft und wir fühlen uns auf den Mond versetzt.
45 Kilometer vor Walvis Bay ändert sich der Weg in eine, sagen wir mal schlechte Landstraße. Was für ein Genuss, keine Steine, keine Waschbrettartigen Bodenwellen und kein Staub. Wir fühlen uns wie im siebten Himmel.
Je näher wir ans Meer kommen, desto nebliger wird es, der Verkehr nimmt zu, ist aber immer noch ehr mit einer ganz kleinen Stadt zu vergleichen. Es wird auch sehr defensiv und entspannt gefahren. Das macht Spaß, gerade wenn man auf der falschen Seite fahren muss.
In Walvis Bay fahren wir zur Flamingo Lagoon, in der Hoffnung auch welche zu sehen. Und siehe da, wir haben Glück, sie tummeln sich im Wasser und suchen einbeinig stehend nach Fischen.
Wir machen es uns im Camper bequem, essen Biltong, trinken Cola und schauen dem Treiben belustigt zu.
Dann geht es noch einmal 34 Kilometer nach Swakobmund. Auf der einen Seite der Straße befindet sich die Wüste, auf der anderen Wohnsiedlungen der Mittelschicht.
Ohne Probleme erreichen wir unser Appartement. 160m2 groß, mit warmer Dusche, Balkon und einem großen Doppelbett. Und schnellem WLAN.
Wir duschen ausgiebig, ziehen uns neue Sachen an - wir fühlen uns wie neugeboren.
Die Altstadt ist ungefähr einen Kilometer entfernt. Es ist ziemlich frisch und zum ersten mal ziehe ich in Namibia lange Hosen an.
Auf dem Weg fallen uns die vielen deutschen Namen sowie die deutsche Architektur des vorigen Jahrhunderts auf. Ist schon komisch so etwas in Afrika zu sehen. Herr Bismarck ist hier noch groß im Rennen.
Wir kommen an einem kleinen Fischlokal vorbei und beschließen hier auf dem Rückweg zu essen. Er wirbt mit "Sushi und Fischbrötchen".
Die Stadt ist schnell erkundet, in einem kleinen Souvenirshop erwerben wir unsere nächsten Andenken. Beim Bezahlen singt die Verkäuferin ein Lied in afrikanischer Sprache mit. Auf meine Frage welche Sprache sie singt, erwidert sie Herero.
Plötzlich höre ich bei ihr genau die gleichen Klicklaute wie ich sie im Fernsehen bei den Sans gehört habe. Ich frage wie sie das macht, sie weiß es nicht, lernt man halt als Kind. Ich frage sie darauf hin, ob sie mir einmal einen Satz sagen kann, den ich aufnehmen darf.
Sie erklärt sich dazu breit, gleich kommt ihre Oma dazu und gibt auch noch ein paar laute zum Besten. Ich freue mich, dass auch einmal live gehört zu haben.
Der Hunger treibt uns in unseren vorher ausgesuchten Fischladen. Wir trinken Bier und Weißwein, essen als Starter eine geräucherte Fischplatte und als Hauptgang Kabeljau und Kokoscurry mit Reis und Calamaris.
Das Curry ist der absolute Hammer, der Kabeljau auch, der Räucherfisch etwas trocken - gesamt betrachtet sind wir aber mehr als zufrieden. Als Dessert bestellen wir noch Rumtopf. Mit Vanilleeis und Sahne.
Der Laden ist ziemlich leer und so haben die Kellner- und Verkäuferinnen nichts anderes zu tun als sich zu unterhalten. Und wir trauen unseren Ohren nicht - auch sie sprechen mit Klicklauten. Allerdings nicht Herero sondern eine andere Sprache. Auch hier darf ich noch einmal ein Gespräch aufnehmen.
Als wir uns das Video gemeinsam ansehen, kommen sie aus dem Lachen nicht heraus. Wir bedanken uns mit einem großzügigen Trinkgeld und winken uns zum Abschied zu.
Hier einmal etwas von Wikipedia zu den Klicklauten (Khoisan):
Als Khoisan-Sprachen werden Sprachen im südlichen Afrika (Südafrika, Namibia, Angola und Botswana) sowie in Tansania bezeichnet, deren Phoneminventar Klicklaute enthält und die nicht zu den Niger-Kongo-Sprachen, den nilosaharischen oder afroasiatischen Sprachen gehören. Die Khoisansprachen bilden keine genetische Einheit (Sprachfamilie), sondern umfassen als sprachliches Areal mindestens drei Sprachfamilien sowie einige isolierte Sprachen. Eine allen Khoisansprachen gemeinsame Ursprache lässt sich nicht rekonstruieren.
Khoisansprechende Völker sind die San, Khoikhoi, Damara und Nama. In Tansania finden sich zudem die Hadza und die Sandawe.
Charakteristisch für die Khoisansprachen sind die Klicklaute und umfangreiche Phoneminventare (den Rekord mit 164 Phonemen hält ǃXóõ). Ebenfalls typisch sind Nominalklassensysteme.
Vor der Expansion der Bantu lebten Khoisan-Volksgruppen auch in weiter nördlich gelegenen Teilen Afrikas. Von ihnen übernahmen manche Bantusprachen im südlichen Afrika sowie vielleicht die in Kenia gesprochene Sprache Dahalo ebenfalls Klicklaute. Sie gelten jedoch nicht als Khoisansprachen, da sie anderen Sprachfamilien zugeordnet werden können. Umstrittenen Theorien nach könnten diese Klicks Relikte einer „Ursprache“ der Menschheit sein.
Im Appartement wieder angekommen, buche ich für morgen einen neuen Campground. Der befindet sich in der Nähe von Kalkfeld.
Nach einem Sundowner fallen wir dann müde ins Bett.
Ich stelle mir gerade vor wie ich gucken würde wenn ich Die Klicklaute höre.... Erstauntes Gesicht mit Sprachlosigkeit. 😂
Dann viel Spaß beim üben...nach zwei Wochen könnt ihr uns auch einen Satz dann vorsprechen.😅