Ilulissat | Hundeschlittenfahrt | Sermermiut
- Holger Schweitzberger

- 11. März 2022
- 5 Min. Lesezeit

13. März 2022 In der Nacht werde ich noch einmal wach und checke kurz meine Polarlicht App. Danach bewegen sich die Nordlichter direkt auf Ilulissat. Also bleibe ich noch wach und beobachte den Himmel.
Leider zieht das Gebiet nicht parallel weiter, sondern senkt sich gen Süden. Damit geht unser Standort wieder leer aus. So ist das Leben.

Also lege ich mich wieder ins Bett und stehe erst wieder zur Frühstückszeit auf. Heute soll es bis 15:00 Uhr sonnig sein, das wäre perfekt für die heute stattfindende Hundeschlittentour. Der Blick auf die Diskobucht gibt dem Wetterbericht recht.

Im Radio erfahren wir, dass Tayfun Korkut ab sofort kein Trainer mehr von Hertha BSC ist. Ich frage mich nur, wer diesen Job nun freiwillig übernehmen will?

9:15 Uhr machen wir uns auf den Weg zu World of Greenland, dem Treffpunkt für die Teilnehmer der heutigen Tour, der Hundeschlittenfahrt.
Den Weg dorthin schaffen wir diesmal ohne uns zu verlaufen. Nur das Gebäude von World of Greenland finden wir nicht. Nach einiger Zeit finden wir allerdings das Hinweisschild Meeting Point for World of Greenland. Mitten im Schnee, ganz unscheinbar. Wir sind richtig.
Es erscheinen nun auch zwei Mitarbeiterinnen und nachdem alle Teilnehmer eintreffen, fahren wir zum Startpunkt.
Insgesamt wollen 20 Leute das heutige Spektakel erleben. Doch vor dem Spaß kommt die Pflicht. Wir müssen in kälteresistente Kleidung schlüpfen. Diesmal sind es eine Jacke und Hose aus Robbenfell und dicke Stiefel. Die anderen Sachen, bis auf unsere Stiefel behalten wir.

Waren wir vorher schon dick verpackt, sind wir es jetzt um so mehr. Wie dicke Michelin Männchen laufen wir nun umher.

Jeweils zwei Personen werden einem Musher und seinem Schlitten zugewiesen. Heidi und ich nehmen hintereinander Platz und dann geht es bei Sonnenschein und klaren blauen Himmel los.
Im Gegensatz zum gestrigen Rennen, geht es aber einigermaßen zivilisiert zur Sache und bald haben alle Schlitten ihren Platz gefunden.
Mit großen Peitschen werden die Hunde in ihrer Bahn gehalten, ohne dass sie jedoch getroffen werden.

Hatten wir vorher Sorge um unseren Rücken oder unbequeme Sitze, so sind diese schon nach kurzer Zeit als unbegründet verworfen.
Wir genießen die Fahrt und können die Schönheit der Natur ungetrübt genießen. Das Robbenfell und die Stiefel sorgen dafür, dass wir die ganze Zeit nicht frieren. Und das bei -17°C.
Die Hunde werden von den Mushern mit lauten Kommandos immer wieder befehligt. Bei Überholmanövern kann es aber schon vorkommen, dass die Wege der Hunde sich mit denen der anderen Schlitten kreuzen. Sie werden dann während der Fahrt mit großer Kraftanstrengung der Fahrer, wieder getrennt.






Überhaupt ist es schwere körperliche Arbeit, die ein Musher zu verrichten hat. Unserer erklärt uns nebenbei die Gegend, zeigt uns die gefrorenen Seen, auf denen sie ab Juli wieder angeln oder besonders schöne Eisformationen.
Aber wie kann es anders sein, nach einer Kurve fällt Heidi fast aus dem Schlitten, allein kommt sie nicht mehr auf die Schlittenbank. Nach einem kurzen Stopp ist aber alles wieder gut und wir können unsere Fahrt fortsetzen.
Den Hunden tut die Bewegung sichtlich gut, auch sie haben manche Kraftanstrengung zu leisten, vor allen Dingen bergauf.
Der Musher wechselt ab und zu seine Position. Meist sitzt er ganz vorn, dann steht er aber auch hinten auf dem Schlitten um den Kraftausgleich zu bilden.
Nach 45 Minuten ist Pause, in der heiße Getränke gereicht werden. Da uns aber so warm ist, verzichten wir darauf. Wir unterhalten uns mit Lars Jannik, unserem Fahrer.

Er ist echter Inuit und kommt aus Ilulissat. Jeder Schlitten hat 11 Hunde. Seine sind im Alter von zwei bis sieben Jahren. Der Leithund heißt Una, auch die anderen zehn Hunde stellt er mir mit Namen vor. Es sind alles grönländische Namen, bis auf Max, dem ältesten der Hunde.






Nach ca. 20 Minuten machen wir uns auf den Rückzug. Bei einem unserer Hunde ist das Seil gerissen, er kommt aber trotzdem mit uns zurück, nur muss er eben nicht ziehen.
Das Wetter wird immer schöner und die Sonne scheint unerlässlich. Wir erleben eine wunderschöne Fahrt, vor allen Dingen wenn es ganz langsam über den Schnee geht.
Jule, Tobi und wir kommen als Erste am Ziel an und werden genau am Umkleidungsraum abgesetzt.
Schnell entledigen wir uns der Sachen und fühlen uns danach plötzlich so leicht und frei. Die anderen Teilnehmer werden schon 300 Meter vor dem eigentlichen Ziel entlassen und müssen nun den Weg bis zu uns zu Fuß zurücklegen.
Da hatten wir ja Glück, aber unsere Musher haben ihre Liegeplätze für die Hunde wahrscheinlich woanders.
Mit dem Auto werden wir schließlich wieder zum Ausgangspunkt zurück gefahren.
Eine Fahrt mit einem Hundeschlitten ist etwas was man in Grönland auf keinen Fall versäumen darf, für mich war es mit ein Highlight der diesjährigen Reise.
Nach einem kurzen Zwischenstopp zu Hause, begeben wir uns zum Hotel Hvide Falk , um uns dort ein Taxi zu bestellen.
Ziel ist das Icefjord Centre, das heute noch bis 16:00 Uhr geöffnet ist. Es liegt etwas außerhalb der Stadt, an dem neuralgischen Punkt, wo alle Wanderrouten zum Ice Fjord starten.
Mit 150 DKK ist der Eintritt nicht gerade preiswert, erstaunlich wie wenig dafür geboten wird. In einem einzigen Raum wird die Geschichte der Gletscher und Eisberge dargestellt, in einem anderen läuft ein zehnminütiger Film.


Für uns die größte Enttäuschung bisher, ich würde einen Besuch hier nicht empfehlen.
Aber wir wollten ja sowieso von hier eine Wanderung nach Sermermiut, einer verlassenen Siedlung an der Nordseite des Fjords unternehmen. Und just von hier geht es los.
Wir müssen 4.000 Jahre in die Geschichte zurück, um die ersten Menschen zu treffen, die sich hier niedergelassen haben. Die Einwanderung nach Grönland hat in verschiedenen Geschwindigkeiten und zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattgefunden.
Sowohl die frühe Dorset- als auch die Thule-Kultur haben sich bei Sermermiut angesiedelt. Die Jagdgründe waren aufgrund der Lage am Eisfjord hervorragend. Hier halten sich viele Beutetiere und Fische auf, weil die Kombination aus dem Süßwasser des Inlandeises und dem salzigen Meereswasser eine gute Nahrungsgrundlage bietet.
Sermermiut wurde 1952 beziehungsweise 1983 ausgegraben. Dabei wurden Beweise für die Anwesenheit der verschiedenen Völker im Boden gefunden. Das macht den Ort zu einer kulturell sehr spannenden Gegend. allerdings kommen die meisten Menschen aufgrund der Schönheit dieses Fleckchens hierher.
Die 1,7 km nach Sermermiut zu wandern, ist sehr einfach. Vom Icefjord Centre führt ein Holzsteg bis zum Ufer. Er wurde angelegt, um die vielen alten kulturellen Andenken zu erhalten, die mit der Gegend zum ersten UNESCO-Weltkulturerbe Grönlands ernannt wurden.

Am Ende des Holzsteges kommen wir nah an das Ufer des Eisfjords heran. Von hier aus kann man den Weg weiter fortsetzen um nach Nakkaavik (Altweiberkluft) zu gelangen. Der Name stammt aus einer Zeit, in der sich alte Menschen in Hungersnöten von dieser Klippe in die Fluten stürzten. Sie opferten sich selbst, damit die vorhandenen Lebensmittel für die Jüngeren reichten und diese neue Generationen am Leben erhalten konnten.
Auf dänisch heißt es Kællingekløften - Die Schlucht der alten Frauen und sie war in der vierten Staffel der beliebten Fernsehserie “Borgen” zu sehen.






Die Aussicht hier ist überwältigend, für uns der bisher schönste Ausblick auf den Eisfjord.
Am Ende des Weges befinden sich Holzbänke auf einem kleinen Berg, von wo aus man den vielleicht schönsten Platz der Welt in Ruhe genießen kann.






Der Rückweg bis zum Icefjord Centre zieht sich ganz schön, sicher weil es die ganze Zeit bergauf geht und der kalte Wind jetzt, 15:30 Uhr, kalt ins Gesicht bläst.
Mit dem Taxi, jede Fahrt kostet ca. 9 Euro, fahren wir wieder in die Stadt. Jule und Tobi kaufen noch in Brugseni ein, wir begeben uns schon ins warme Haus und bereiten das Essen vor.
Heute ist Sonntag, der Tag des Herren und deshalb darf in Grönland kein Alkohol verkauft werden. Das nur mal am Rande.
Weitaus schlimmer für die Bevölkerung ist, dass es immer noch keine Butter, Eier oder Kartoffeln zu kaufen gibt. Gemüse ist meist nur gefroren erhältlich.
Nachdem Essen sind wir alle todmüde und wollen eine kleine zweistündige Siesta einlegen. Doch unsere Körper benötigen wohl doch etwas mehr Ruhe und so schlafen wir fest ein.
Felix Magath wird neuer Trainer bei Hertha BSC.



Na ein Glück, dass ihr euch dafür entschieden habt. War bestimmt toll.
Und Heidi habt ihr auch wieder zurückgebracht. Kann mir vorstellen, dass man sich mit den vielen Sachen nicht bewegen kann.😄
Liebe Grüße aus Köpenick. 😘
Das war ein Spaß und unvergesslicher Tag. Ein schönes Erlebnis mit den Hunden und sein Musher