Ilulissat | Bootsfahrt im Eisfjord
- Holger Schweitzberger

- 13. März 2022
- 4 Min. Lesezeit

11. März 2022 Der Muskelkater ist über Nacht nicht eingetreten, nur meinen Rücken spüre ich etwas. Heute sieht die Welt auch schon wieder ganz anders aus. Ich bin für die nächste Wanderung bereit.
Die steht heute allerdings nicht an, denn heute ist der Bootsausflug in den Eisfjord geplant. Wir werden 11:30 Uhr abgeholt und sollen 12:00 Uhr los fahren. Die geplante Dauer der Fahrt beträgt zwei Stunden. Das ist, denke ich die richtige Zeitspanne, denn wenn ich mich an Alaska erinnere, war es auf dem Boot ganz schön kalt. Und da hatten wir Außentemperaturen von 18°C.
Wir werden uns also heute wohl vierlagig verpacken müssen, um nicht zu frieren. Der Tee ist gekocht und in die Thermoskannen gefüllt. Der Blick aus dem Fenster suggeriert eisige Kälte. Allerdings ist es erst 6:30 Uhr.

Nach und nach stehen wir alle auf, denn heute können wir ja etwas länger schlafen. In der Küche ist es angenehm warm, hier könnte ich stundenlang aus dem Fenster gucken und die Aussicht genießen. Unsere Wohnung liegt schon an einer genialen Stelle.
Gerade abends ist es immer interessant, die Fischerboote zu beobachten die vom Fang nach Hause kommen. Stets begleitet von hunderten Möwen, die auf Beute lauern, denn es werden auch immer wieder Fische ins Meer geworfen.

Bei guter Sicht, so wie gestern, kann man sehr deutlich die Diskoinsel und seine stattliche Größe bewundern. Im Sommer fahren Schiffe dorthin, jetzt allerdings ist alles noch so gefroren, dass kein Durchkommen für sie ist.
Am Frühstückstisch entscheiden wir in einem Anfall von Übermut, dass wir nun doch gern eine Hundeschlittentour unternehmen würden. Nur Heidi möchte nicht, sie kann sich heute auch kaum bewegen.
Ich buche für den Sonntag eine zweistündige Fahrt und muss nun nur noch auf die Bestätigung warten. Sonntag soll es den ganzen Tag sonnig sein, es wäre also ein perfekter Zeitpunkt.
11:30 Uhr werden wir pünktlich abgeholt. Wir fahren zehn Minuten bis zum Hafen und müssen die letzten 200 Meter zu Fuß zurücklegen. Im Wasser schwimmen dicke Eisschollen und darauf stolzieren die Möwen auf der Suche nach Essbarem.



Der Kutter stehet schon bereit, der gesamte Boden ist mit hartem Schnee überzogen. Das Betreten des Bootes ist nicht ganz einfach, über einen schmalen, glatten Tritt müssen noch einmal 30cm Freifläche überwunden werden um auf die ebenfalls rutschige Treppe zu gelangen. Aber mit Unterstützung der Crew klappt das schon.,
Der Gletscher Sermeq Kujalleq, aus dem der Eisfjord entspringt, ist der schnellste Gletscher der nördlichen Hemisphäre und bewegt sich täglich 40 Meter.
Er ist sechs Kilometer breit und 45 Kilometer lang. Das entspricht etwa 66.000 Fußballfeldern. Darüber hinaus ist der Gletscher dafür bekannt, dass es die gleiche Menge an Eis ins Wasser abwirft, wie Manhattan an Wasser pro Jahr konsumiert. Tatsächlich produziert der Sermeq Kujalleq ganze 10 Prozent aller Eisberge Grönlands!
Die extrem hohe Geschwindigkeit von 19 Metern pro Tag macht ihn zu einem der schnellsten Gletscher der Welt.
Gigantische Eisberge haben sich auf dem Grund der Fjordmündung niedergelassen. An dieser Stelle ist das Wasser nicht so tief wie weiter draußen im Fjord, da sie hier Sandbänke zusammengeschoben haben. Das Eis liegt hier auf und bewegt sich erst weiter, wenn es schmilzt und nicht mehr aufsetzt oder ein größerer Brocken am Gletscher abbricht und das Eis nach außen schiebt. Zusätzlich können hohe Wellen das Eis anheben und weitertreiben.
Die Eisberge füllen den Kangia-Fjord und variieren in ihrer Größe von kleinen Blöcken bis zu Giganten von 1,5 Kubikkilometern Eis oder mehr. Wirklich große Eisberge sind selten, aber sie sind immer an der Mündung des Eisfjords zu sehen, wo sie an der Schwelle von Isfjeldsbanken auf Grund laufen.
12:00 Uhr bewegen setzen wir uns in Bewegung. Mit uns sind noch zwei dänische Frauen an Bord und gemeinsam erleben wir die Hafenausfahrt.



Danach geht es links in Richtung der ersten großen Eisberge. Die Häuser an der Bucht sind terrassenförmig gebaut, wir können unsere Unterkunft und auch die große Zugangstreppe sehen. Schön einmal eine andere Perspektive auf unseren Balkon zu haben.
Wir tuckern langsam auf die immer größer werdenden Eisberge zu, der Anblick ist gigantisch und wir kommen aus dem Staunen nicht heraus. Es ist nicht ganz so kalt wie wir es uns vorgestellt haben. Das liegt aber sicher auch an unserer Kleidung, die wir ja extra für die Bootsfahrt gekauft haben.
Nach jedem Umkurven eines Eisbergs erscheinen wieder eine Vielzahl neuer Exemplare. Eine schier unendlich großen Gebiet - für uns unvorstellbar.











Bei den herrschenden Temperaturen verabschieden sich die elektronischen Geräte ziemlich schnell. Sie müssen immer aufgewärmt werden, um wieder verwendet werden zu können. Die Akkus halten die Kälte schon aus, aber die komplizierte Elektronik kommt damit nicht zurecht.
Wir haben aber genug Equipment am Start um ausreichend zu fotografieren oder zu filmen.
Die teilweise hellblaue Färbung der Eisberge versetzt uns immer wieder in Verzückung. Schon in Alaska waren wir davon sehr angetan, damals reifte übrigens der Wunsch einmal Grönland zu besuchen.
Knapp 90 Minuten durchstreifen wir das Gebiet, wir sind die ganze Zeit am Bug des Schiffes. Ab und zu holen wir uns ein Tee. Den aber eher um an den Bechern die Finger zu wärmen. Sie sind die einzige Stelle an der wir frieren. Aber zum Fotografieren ist es unerlässlich, sie für kurze Zeit von den Handschuhen zu befreien.
Nach zwei Stunden kommen wir wieder sicher im Hafen an. Dort warten schon vier neue Passagiere auf unser Boot.
Wir verabschieden uns von der Crew und nutzen die Zeit bis zur Abholung um frischen Fisch zu kaufen.
Diesen erstehen wir direkt bei den Fischern, die gerade angelandet sind. Wir holen zwei kleine Heilbutte, die zusammen ein Gewicht von ca. 8-10 Kilo aufweisen. Der Preis beträgt 100 DKK.

Zu Hause filetieren wir die beiden Monster und haben nun für die nächsten 3 Tage genug zu essen.




Der Fisch ist bedeutend fetter als seine Artgenossen in Alaska. Wir essen ihn mit Brot, das wir dummerweise in Olivenöl gebraten haben. Besser wäre es gewesen das Brot trocken zu verwenden.
Am Abend hoffen wir wieder vergeblich auf Polarlichter. Da der Himmel aber den ganzen Tag bedeckt war, wussten wir schon, dass es schwierig wird, heute das Naturschauspiel erneut bewundern zu können.

Auch heute war wieder ein wunderschöner Tag - die Bootsfahrt war noch beindruckender als die in Alaska, was daran lag, dass mehr Eisberge in noch kürzerer Zeit zu sehen waren.
Mit Vorfreude auf die morgige Schneemobilfahrt gehen wir müde ins Bett.



Schön, dass eure Erwartungen erfüllt wurden.
Dann bis morgen.☺
Liebe Grüße aus Köpenick. 😘