Munch Museum und Oslo Oper
- Holger Schweitzberger
- 28. Dez. 2024
- 7 Min. Lesezeit

29. Dezember
8:00 Uhr. Der erste Blick aus dem Fenster zeigt einen klaren Blick auf den Fjord.

So kann der Tag beginnen. Wie gestern schon erwähnt, steht heute als erstes ein Besuch des Munch Museums an. Wir freuen uns schon, sind doch dort viele interessante Bilder und Fotografien zu sehen.
Das Museum öffnet 10:00 Uhr seine Pforten, bis dahin haben wir also Zeit gemütlich zu frühstücken.

Um Munchs Vermächtnis zu ehren, hat Oslo eines der größten Museen weltweit, das nur einem einzigen Künstler gewidmet ist, errichtet.
Das Munch Museum befindet sich direkt am Oslo Fjord und wird von Der Mutter bewacht.
Die kniende Frau sitzt in einem Blumenbeet und scheint etwas in den Händen zu halten und zu betrachten, was sie dabei anschaut, kann nicht erkannt werden. Dabei wendet sie dem Museum den Rücken zu und schaut auch nicht auf den Fjord – ihre Aufmerksamkeit gilt ihren Händen.

Estudio Herreros entwarf das sechzig Meter hohe Museum, das weniger als die Hälfte der Emissionen vergleichbarer Gebäude aufweist.
Viele der architektonischen Entscheidungen waren klimabedingt.
Das Gebäude ist mit wellenförmigen Platten aus recyceltem Aluminium verkleidet, die unterschiedliche Transparenzgrade aufweisen. Das Äußere ist so konzipiert, dass es das Sonnenlicht abhält und reflektiert, um eine stabile Innentemperatur zu gewährleisten.
Es war keine leichte Aufgabe, die vielen fragilen Gemälde vom alten ins neue Museum zu bringen.
Die größten Gemälde sind bis zu 50 Quadratmeter groß und mussten auf dem Wasserweg transportiert werden. Anschließend wurden sie mit einem Kran 21 Meter angehoben und durch eine große Öffnung an der Seite des sechsten Stockwerks des Gebäudes manövriert.

Dann wurde die sieben Meter hohe Öffnung verschlossen – für immer.
Kurz nach zehn stehen wir am Eingang und besorgen uns zwei Tickets. Der Eintritt kostet circa 16€ pro Person.
Die Ausstellung mit den Werken von Munch beginnt im vierten Stock. Ab hier ist jede Etage einer speziellen Schaffensperiode zugeteilt. Wir beginnen mit Edvard Munch - Uendelig.

Hier wird auch sein berühmtestes Werk Der Schrei ausgestellt. insgesamt gibt es davon vier Bilder. Eins hängt im Nationalmuseum und drei hier im Munch,
ein Gemälde, eine Zeichnung und ein Druck.
Keiner von ihnen kann dauerhaft angezeigt werden, also werden sie in Rotation angezeigt, eine halbe Stunde nach der anderen. Der Druck erscheint doppelt so oft wie das Gemälde und die Zeichnung, weil mehrere Drucke vorhanden und sie robuster sind.
Munch schuf jede Version von The Scream auf Pappe oder Papier, was sie zerbrechlicher macht als Ölgemälde auf Leinwand. Neben Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Sauerstoffgehalt muss man bei der Beleuchtung sehr sorgensam sein. Im Laufe der Zeit beeinflusst das Licht die Farben und zerlegt Papier und Pappe. Im Museum wurde ausführlich recherchiert, wie viel Licht die verschiedenen Scream-Versionen pro Tag aushalten können. Auf diese Weise wird sicher gestellt, dass zukünftige Generationen Munchs kraftvolles Werk genießen und bestaunen können.
Das Motiv entstand wahrscheinlich bei einem Abendspaziergang, den Munch 1891 mit Freunden unternahm, als die Sonne über dem Osloer Fjord brach. In einem langen Gedicht in seinem Tagebuch beschrieb er, wie er plötzlich aufhörte, vor Angst zu zittern, und einen riesigen unendlichen Schrei verspürte, der durch die Natur ging.
In den folgenden Jahren erforschte er das Motiv wiederholt in Skizzen und Schriften.
Der Schrei war schon immer offen für endlose Interpretationen. Die Hauptfigur ist seltsam rätselhaft. Sie gehört zu keiner Klasse oder Kultur, hat kein bestimmtes Geschlecht oder ethnische Zugehörigkeit und ist auffallend zeitlos. Zu beachten ist, wie Munch die Männer im Hintergrund auf einer geraden Straße platziert, die in die Unendlichkeit führt. Dies unterstreicht nur noch mehr ihre Distanz zur Hauptfigur. Eine Sache, die bei einer Person Angst und Verzweiflung auslöst, kann für eine andere Person unbedeutend sein.
Der Schrei
Uns gefallen alle Bilder ausgesprochen gut. Denkt man bei einigen, dass man sie besser gemalt hätte, zeigen andere die große Kunst des Malers. Hier einige Bilder aus dieser Periode:
Die nächste Etage beherbergt die Monumentalwerke von Munch.
Es sind einige der größten und ambitioniertesten Gemälde, die Edvard Munch je geschaffen hat.
Auch die Entstehungsgeschichte seiner Entwürfe für das Universitätsauditorium im Zusammenhang mit der Hundertjahrfeier der Universität Oslo im Jahr 1911 wird erzählt.
Die Sonne wird hier zu einem neuen Hauptmotiv in Munchs Karriere erhoben - ein Symbol für die Kraft und den Einfallsreichtum des Lebens und ein Werk, das eine Reihe von Geschichten rund um Naturwissenschaft, Religion und die Entstehung des Universums erzählt.
Für uns ist es unglaublich, wie man solche großen Bilder mit so einer hohen Detailgenauigkeit erstellen kann.
Zwischen den einzelnen Etagen hat man immer wieder einen herrlichen Blick auf den Fjord und die Oper.

Die nächste Etage zeigt die Einrichtung von Munchs Wohnungen. Hier kann man interaktiv mit verschiedenen Dingen experimentieren. Kann man sich zum Beispiel mit einem alten Fotoapparat fotografieren und danach das Bild entwickeln.

es ist ganz lustig gemacht und vor allen Dingen die Kinder haben ihre Freude.
In der letzten Etage, die Munch gewidmet ist, sind Holzschnitte, Gemälde und Fotografien zu sehen. Auch hier kann man wieder selbst Hand anlegen, und sich Bilder erstellen, die auf vorgefertigten Holzlithographien basieren. Dabei erweise ich mich als wahrer Meister. Denke ich jedenfalls.
Nach gut zwei Stunden beenden wir unseren Rundgang, holen unsere Garderobe und machen uns auf den Heimweg. Wir müssen noch ein bisschen ausruhen, da 15:00 Uhr unsere Oper beginnt. Eigentlich wollten wir bei Rema 1000 noch einkaufen, aber komischerweise haben die Sonntag geschlossen. Dann müssen wir eben nachher zum Bahnhof um etwas einzukaufen.
Das Museum können wir jedoch uneingeschränkt empfehlen. Es ist ein Muss, wenn man Oslo besucht.
Kurz nach 14:00 Uhr brechen wir zu unserem Opernbesuch auf. Heute gibt es La Traviata von Verdi und wir sind schon sehr aufgeregt.
Die Sonne scheint noch immer, warm ist es trotzdem nicht. Und der Oslo eine Küstenstadt ist, ist der Wind auch sehr kühl.
Die Architektur der Oper ist typisch nordisch. Es wird fast nur Holz verwendet, dadurch sieht alles sehr warm und freundlich aus.
Die Vorstellung heute ist ausverkauft, wir hatten ja nur die letzten Plätze gekriegt. Diese waren sehr preiswert. Haben wir doch eine kleine Sichtbehinderung. Das macht uns aber nichts, wir wollten die Oper ja einmal von innen sehen und Musik hört man von jedem Platz.
Unsere Sitze sind hintereinander angeregt, wir kommen uns vor wie bei der Reise nach Jerusalem. Das Orchester probt noch und gibt gruselige Töne von sich. Das gibt sich hoffentlich nachher.
Wir können trotzdem dreiviertel der Bühne sehen und wenn wir uns etwas herüber legen, sehen wir sogar alles. Für 15 € pro Person kann man da nicht meckern.
Die Akustik ist wunderbar die Stimmen sind klar und deutlich zu hören. Wir können fast alles sehen, meist spielt sich die Szenerie auch auf unserer Seite ab.
Zur Pause kann man sich wie in Deutschland überteuerte Getränke kaufen. Das gute hier ist, dass zusätzlich kostenlos Wasser ausgegeben wird. Das ist mal ein Service.
Wen die Handlung der Oper interessiert, hier einmal eine Kurzfassung:
Violetta Valéry, eine berühmte Kurtisane, veranstaltet nach langer Krankheit eine „Comeback-Party“, die von ihrem Bewunderer und Gönner Baron Douphol finanziert wird. Hier lernt sie Alfredo Germont kennen – einen jungen Mann aus der Provinz, der seit einem Jahr heimlich in sie verliebt ist und sich jeden Tag nach ihrem Gesundheitszustand erkundigt. Alfredo wird gebeten, einen Toast auszusprechen. Violetta gesellt sich zu ihm und ermutigt alle, die flüchtigen Freuden des Lebens zu genießen.
Allein mit Violetta sagt Alfredo, dass es niemanden auf der Welt gibt, der sie so liebt und für sie sorgt wie er. Zuerst sagt sie, sie könne ihm nur Freundschaft bieten, nicht aber wahre Liebe. Doch Alfredos Worte berühren sie und sie steht vor einem großen Dilemma: Kann sie alles, was sie aufgebaut hat, für ein neues Leben mit ihm aufgeben? Violetta beschließt, sich selbst zu erlauben, zu lieben und geliebt zu werden, und gibt Alfredo eine Chance.
Drei Monate später. Violetta hat Paris verlassen und lebt mit Alfredo ruhig auf dem Land. Als Alfredo erfährt, dass Violetta heimlich ihren eigenen Besitz verkauft, um ihr gemeinsames Leben zu finanzieren, schämt er sich und ist voller Scham, dass er das nicht früher gesehen hat.
Giorgio Germont sucht Violetta auf, als ihr Sohn weg ist, um mehr Geld zu sammeln. Er fordert Violetta auf, ihren Sohn zu verlassen, damit der Ruf der Familie und die Hochzeit von Alfredos Schwester nicht gefährdet werden. Violetta protestiert zunächst vehement, gibt aber schließlich nach.
Als Alfredo überraschend auftaucht, wird sie von Emotionen überwältigt und fleht ihn an, sich immer daran zu erinnern, wie sehr sie ihn liebt.
Violetta geht abrupt und hinterlässt einen Abschiedsbrief für Alfredo. Er ist am Boden zerstört und versteht den Grund für die Trennung nicht.
Germont versucht den verzweifelten Sohn zu überreden, zu seiner Familie zurückzukehren. Doch vergeblich will Alfredo nach Paris reisen, um sich an Violetta zu rächen, nachdem er eine Einladung zu Floras Party findet.
Violettas Freundin Flora veranstaltet eine große Party im Bordell. Es wird gemunkelt, dass Violetta zu ihrem ehemaligen Liebhaber Baron Douphol zurückgekehrt ist. Alle sind überrascht, Alfredo auf der Party zu sehen. Er fordert Baron Douphol zum Spieltisch heraus und gewinnt eine große Geldsumme.
Nach einer hitzigen Konfrontation wirft Alfredo Violetta den Gewinn zu, um ihre „Gefälligkeiten“ zu bezahlen. Giorgio Germont ist Zeuge der Szene und tadelt inmitten des ganzen Trubels Alfredo, der sich sofort selbst die Schuld gibt. Der Baron fordert Alfredo zum Duell heraus.
Violetta liegt allein im Sterben und ist sich bewusst, dass alle Hoffnung verloren ist. Alfredos Vater hat Violetta geschrieben und ihr mitgeteilt, dass sein Sohn bei dem Duell nicht verletzt wurde, dass er Alfredo wissen ließ, was wirklich passiert ist, und dass Alfredo sie aufsuchen wird. Doch der angekündigte Besuch kann warten. Violetta verabschiedet sich vom Leben und wird von der Vision ihres bevorstehenden Todes heimgesucht.
Als Alfredo endlich ankommt, ist Violetta voller Freude und Vitalität. Auch Germont kommt, er ist voller Reue und bittet sie um Verzeihung. Violettas letzter Wunsch ist es, als Frau in Erinnerung zu bleiben, die immer für bedingungslose Liebe, Großzügigkeit und Freundlichkeit gelebt hat. Die Tatsache, dass alle ihre Lieben da sind, tröstet sie und sieht ihrem Tod trostvoll entgegen.
17:45 Uhr ist die Veranstaltung beendet, es gibt Standing Ovations, es war auch alles sehr gut. Es herrschte eine tolle Klangakustik, uns hat es vor allen Dingen der Chor und Violetta angetan.
Was auch super war, dass wir von unserer Empore das Orchester und den Dirigenten sehen konnten. Es war sehr interessant, wie sie untereinander agierten.
Bilder und Videos waren während der Veranstaltung verboten, trotzdem habe ich eins für den Blog gemacht.

Gut, bei der Verabschiedung habe ich mein Smartphone auch noch einmal gezückt.

Wir laufen noch einmal zum Hauptbahnhof, um bei Coop einige Dinge für das Abendessen zu kaufen. Leider hat er sonntags geschlossen, generell hat kein Supermarkt am Bahnhof geöffnet. Da ist es ja in Berlin besser.
Bei uns um die Ecke gibt es noch einen Späti, hier kaufen wir alle nötigen Dinge, um anständige skandinavische Hot Dogs herzustellen.

Gesättigt liegen wir 20:00 Uhr auf der Couch. Wir genehmigen uns noch einen Schlummertrunk und freuen uns über den heutigen verlebten Kulturtag.
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