Der dritte Tag
- Holger Schweitzberger
- 27. März 2019
- 4 Min. Lesezeit
01.06. Trotz der morgendlichen Belästigung, oder gerade deshalb? – schlief ich bis kurz nach sechs, um dann Tobi zu wecken und die übliche Leibesertüchtigung im Atlantik durchzuführen. Ich diesmal mit Flossen! Habe aber keinen Unterschied festgestellt. Das Frühstück nehmen wir heute im Bachata zu uns. Wir können herrlich draußen am Meer sitzen, da aber die frischen Fruchtsäfte nur halb so gut wie im Merengue sind, muss das Bachata leider in Zukunft auf unsere Anwesenheit verzichten. Heidi hat Durchfall! Spontan entschließen wir uns, da es heute ja – im Gegensatz zu den anderen Tagen – ziemlich »kalt« ist, Puerto Plata einen Besuch abzustatten. Am Ausgang warten schon die ersten Taxifahrer auf ihre Opfer und verlangen von uns 250,00 Pesos bzw. 15 Dollar für eine Fahrt. Da wir sowieso wie die Einheimischen mit dem Bus fahren wollen, handeln wir cool und können die erstaunten republikanischen Dominikaner stehen lassen. Den Bus winkt man einfach an der Straße an, er hält, man steigt ein und weiter geht’s. Leider kommt kein Bus. Dafür erneut ein Taxi. Professionell handeln wir 100,00 Pesos für die Fahrt aus. Das hat zur Folge, dass die bereits im Bus sitzenden Fahrgäste nun auch nur einen Hunderter – und nicht die bereits von ihnen ausgehandelten, 150 berappen wollen. Nach langer Diskussion wird auch ihnen dieser Preis zugestanden. Die Fahrgäste, sie sind aus Belgien, schmeißen mir dankbare Blicke entgegen und sind ebenfalls stolz auf ihr Verhandlungsgeschick. Ich glaube, der Taxifahrer kann mich nicht leiden. Die Fahrt verläuft Landestypisch. Das heißt es wird viel gehupt und artistisch den Schlaglöchern ausgewichen. Vorbei an einer Riesenmüllhalde, deren Gestank furchtbar zu uns weht. Es erinnert an Fernsehberichte aus Dritte-Welt-Ländern, wo Kinder sich ein Zubrot mit dem Recyceln von Abfällen verdienen. So ist es auch hier, es arbeiten viele Menschen unter diesen unwirtlichen Bedingungen, um sich ihr Überleben zu sichern. So hautnah haben wir den Unterschied zwischen uns »Reichen« und den so genannten »Armen« noch nie gesehen. Alle Probleme, die wir in Deutschland als Probleme sehen, sind in diesem Augenblick lächerlich. Ich hoffe wir erinnern uns bei passender Gelegenheit daran. Angekommen in Puerto Plata Centro erwartet uns ein Bild von Lärm, Staub, Mopeds und vielen fröhlichen Menschen. Da sich nicht viele Touristen aus den Anlagen in die Städte verirren, sind wir schnell als »Touri« auszumachen. Es kommen immer wieder Leute auf uns zu, die uns ausfragen: wo wir hingehen, woher wir kommen, usw. Heidi wacht wie eine Glucke über uns und hat alle Wertgegenstände an sich genommen, was zur Folge hat, dass wir auf Heidi aufpassen müssen. Zum Glück weiß sie das nicht. Unser Ziel ist die Zigarrenfabrik, wo man beim Drehen der, mittlerweile Kuba-ebenbürtigen, dominikanischen Zigarren zusehen kann. Unser Reiseführer ist leider nicht mehr auf dem neusten Stand. Die Zigarrenfabrik ist umgezogen, zwei Ecken weiter – dort sind die Mieten billiger – erklärt uns Jose, der uns bis zu unserer Rückfahrt begleiten sollte. Er führt uns zielstrebig zu den Zigarrenmachern, wo wir wissbegierig alles aufsaugen, was wir dort sehen. Zur Begrüßung gibt es eine Zigarre und eine Vorführung, wie Zigarren gerollt werden. Heidi und Tobias dürfen selbst Hand anlegen. Ihnen wird das Prädikat »Naturtalent« verliehen. Jetzt geben sie an. Aber ich rauche! Wir entscheiden uns für 25 milde republikanisch dominikanische Zigarren. Da unser Geld nicht reicht, werden die Zigarren ins Hotel geliefert, wo wir dann das Restgeld bezahlen. Jetzt müssen wir erstmal was trinken. Jose führt uns in eine billige Bar, wo wir dank ihm auch nur den Preis für Einheimische bezahlen müssen. Jose ist 19, geht noch zur Schule und lernt deutsch und englisch. Andauernd treffen wir Kumpels von ihm, die uns Mangos oder freundliche Blicke schenken. Der nächste Weg führt uns auf den großen Markt. Dort ist das Leben pur. Hier wird alles verkauft, was sich zu verkaufen lässt. Sehr schön auch die Fleischstände, wo die halben Rinder traurig im Schatten der Sonne hängen und auf Käufer warten. Riesig auch das Angebot an frischem Obst und Gemüse. Leider brauchen wir keins. Was wir eher brauchen ist Geld, deshalb begeben wir uns nun zu einem Geldautomaten, den wir ohne Joses Hilfe wohl auch nie gefunden hätten. Leider habe ich meinen neuen VISA-PIN vergessen, so dass wir nur mit Karte und Pass Geld bekommen. Pass haben wir natürlich nicht dabei, nur eine Kopie – das heißt noch mal hierher. Ich weine. Jose bringt uns noch zum Bus, der uns zurück zum Hotel bringt. Beim Bus zahlt anscheinend jeder was er für richtig hält. Der Schaffner schaut sich gar nicht an was ich ihm gebe, er lächelt nur freundlich und verschwindet in der Abendsonne gen Sosua. Tobi und ich fahren noch mal für schwer ausgehandelte 300,00 Pesos nach Puerto Plata zur Bank und zurück. Wir haben wieder Geld und alles ist schick. Es folgt eine ausgiebige Siesta. Wir schwitzen! Nach dem Abendmahl sitzen wir noch an der Bar, um uns mit Merengue, MaiTai und Mojito zu stärken. Heute startet eine neue Show, die von allen Beschäftigten der RIU-Anlage sehr angekündigt wird und auf die alle hier sehr stolz sind. Die wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Und so endet der Abend damit, dass es keinen Mojito mehr gibt (die Pfefferminze ist alle) – dafür aber Caipirinha, wir Heidis Kollegin treffen und mit ihrer Familie zusammensitzen, schwitzen und einer sehr farbenprächtigen Tanzveranstaltung a la Carneval de Brasil zu sehen – wo zum Glück niemand auf die Bühne geholt wird um sich zum Deppen zu machen. Heute ist unser längster Abend, 23:30 Uhr schlafen wir über unseren Büchern ein.
Next
Back
Kommentare