Kharanagh - Chak Chak - Meybod
- Holger Schweitzberger

- 16. Apr. 2019
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 11. Juli 2023
05. April Heute fahren wir mit einem deutschen Tourguide zu einigen interessanten Stellen in der Umgebung von Yazd. Die Route sieht folgendermaßen aus:
Fahrt nach Kharanagh, einem verlassenen Dorf in der Nähe von Yazd, danach weiter zu dem für die Zoroastriern heiligsten Ort der Welt: Chak Chak. Später besuchen wir die Stadt Meybod. Hier stehen die Karawanserei Abbasi, die Zitadelle Narin Ghale un der Pigeon Tower.
Lassen wir uns überraschen, ich allerdings glaube noch nicht daran, dass der Führer deutsch spricht, obwohl es mir mehrere Male zugesichert wird.
Um 9:00 Uhr sind wir mit Hossein verabredet, kurz vor neun kommt er in einem roten Peykan vorgefahren. Er begrüßt uns mit "Hallo, wie geht´s?" Alle Sorgen waren umsonst.
Er lebt in Yazd, ist 27 Jahre alt und mit einer Frau verheiratet, die zur Hälfte deutscher Abstammung ist. Außerdem arbeitet er als Deutschlehrer.
Unser erstes Ziel ist die verlassene Stadt Kharanagh. Sie ist 75 Kilometer nordöstlich von Yazd entfernt. Auf dem Weg dorthin fahren wir zu erst durch karge Landschaft, später erscheinen am Horizont mächtige Berge.
Früher führten Karawanen Richtung Maschad ihren Weg durch dieses Gebiet. Deshalb gibt es an der Straße noch viele Wasserstellen mit Windtürmen zu sehen, an denen die Reisenden sich erfrischen konnten. Heute sind die meisten ausgetrocknet, einige jedoch noch in Betrieb.
Diese Wasserstellen wurden auch von der Bevölkerung genutzt. Wer es sich leisten konnte, ließ eine Leitung in sein Haus bauen, alle anderen mussten das Wasser mit Eimern holen. Das war Sache der Frau, der Mann war arbeiten. Ein Eimer voll mit Wasser wog 20 kg. Damit mussten die Frauen die meist über 60 Stufen erst hinunter und dann wieder nach oben laufen. Und anschließend nach Hause. Eine kräftezehrende Arbeit.
Kharanagh ist ein altes Lehmdorf, dass seit 30 Jahren nicht mehr bewohnt ist, die 400 ehemaligen Bewohner haben ihre Zelte gegenüber aufgeschlagen. Das Dorf ist wie Labyrinth aufgebaut, viele schmale Gänge und Gassen winden sich durch die Anlage. Und wie immer dürfen die Treppen nicht fehlen.
Der wichtigste Raum war damals die Vorratskammer, in der die Lebensmittel für das Dorf lagerten. Dieser Raum befindet sich im obersten Stockwerk der Anlage und wurde damals von den Bewohnern streng bewacht. Viele Gänge sind sehr tief gehalten, das sollte bewirken, dass keine Reiter hindurch kommen konnten und diese gezwungen waren, abzusteigen und zu Fuß sich fort zu bewegen. Damit war die Chance höher, einen Feind zu erkennen und zu bekämpfen.
Leider wird hier alles dem Verfall preisgegeben, Seit Jahren werden schon keine Restaurierungsarbeiten vorgenommen, das Dorf zerfällt so immer mehr und wird sich seinem Schicksal selbst überlassen. Wir haben einen schönen Blick auf die Berge und die Felder auf denen Weizen abgebaut wird.
Er fängt gerade an zu wachsen und seine grüne Farbe ist ein Farbtupfer in der kahlen Berglandschaft. Da Nowruz beendet ist und morgen die Schule wieder beginnt, ist es hier schön leer und wir haben genug Platz alles zu besichtigen. Im Sommer haben die Schulen im Iran übrigens 3 Monate geschlossen, wer möchte da nicht mehr Schüler sein - wenigstens im Sommer.
Uns begleitet die ganze Zeit ein etwas 10-jähriger Junge. Er erklärt uns und Hossein unaufgefordert alle erdenklichen Sachen und zeigt uns verborgene Eingänge. Ich denke auch Hossein hat heute dazu gelernt. Wir geben ihm abschließend ein Trinkgeld und fahren weiter zur heiligsten Stelle der Zoroastrier - nach Chak Chak.
Für die Zoroastrier hat dieser Ort die gleiche Bedeutung wie für die Moslems Mekka.
Auf dem Weg dorthin sehen wir wieder atemberaubende Landschaften, die Straße schlängelt sich durch die Bergmassive, die durch die Sonneneinstrahlung die unterschiedlichsten Farbtöne aufweisen.
Es geht mit dem Auto etliche Serpentinen hinauf, bis wir endlich den Parkplatz erreichen. Ab hier müssen wir laufen und zwar schweißtreibende 238 Stufen. Bei 26°C, ein wahrhaft himmlisches Vergnügen.
Chak Chak dient als Pilgerstätte für fromme Zoroastrier. Vom 14. bis 18. Juni strömen jedes Jahr viele Tausend Zoroastrier aus dem Iran, Indien und anderen Ländern zum Feuertempel in Pir-e Sabz. Die Tradition besagt, dass Pilger aufhören zu reiten, sobald sie den Tempel sehen und die letzte Etappe ihrer Reise zu Fuß zurücklegen. Während dieser Zeit ist der Zutritt für Nichtgläubige untersagt.
Im zoroastrischen Glauben ist Chak Chak der Ort, an dem Nikbanou, die zweite Tochter des letzten vorislamischen persischen Herrschers des Sassanidenreiches, Yazdegerd III. im Jahre 640 von der einmarschierenden arabischen Armee in die Enge getrieben wurde. Aus Angst, gefangen zu werden, betete Nikbanou zu Ahura Mazda, um sie vor ihren Feinden zu schützen. Als Antwort auf Nikbanous Bitte öffnete sich der Berg auf wundersame Weise und schützte sie vor den Eindringlingen.
Zu den bemerkenswerten Merkmalen von Chak Chak gehört die ständig tropfende Quelle am Berg. Der Legende nach sind diese Tropfen Tränen der Trauer, die der Berg in Erinnerung an Nikbanou vergießt. Das Geräusch das entsteht, wenn das Wasser die Erde berührt, hört sich an wie chak, chak, chak... So entstand der Name.
Neben der heiligen Quelle wächst ein riesiger und alter Baum, von dem behauptet wird, er sei Nikbanous Stock. Der eigentliche Tempel von Chak Chak ist eine von Menschenhand geschaffene Grotte, die von zwei großen Bronzetüren geschützt wird.
Die Kapelle des Schreins ist mit Marmor ausgelegt und seine Wände sind durch die ewig brennenden Feuer im Heiligtum verdunkelt. In den Klippen unterhalb des Schreins befinden sich mehrere überdachte Pavillons für Pilger.
Wir treffen hier oben übrigens die beiden Deutschen von gestern. Sie sind meinem Rat gefolgt und haben im Reisebüro diese Tour gebucht. Unsere Reiseführer kennen sich auch, sind aber sehr erstaunt, als wir uns begrüßen.
Zum Mittag fahren wir in die alte Karawanserei Abasi, hier übernachteten die Händler früher auf ihren Reisen. Eine Karawane legte damals durchschnittlich 30 km zurück, das hatte zur Folge, dass es alle 30 Kilometer eine Karawanserei gab. Schah Abbas, ein früherer persischer König ließ sie erstellen und wollte der Welt mitteilen, dass er 1000 Karawansereien gebaut hat. Sein Wesir meinte dazu, dass es besser wäre, von 999 zu sprechen, da sich diese Zahl besser einpräge als schnöde 1000. Und so tat es der Schah dann auch.
Nach dem Essen, Nacken vom Schaf - sehr gut, fahren wir nach Meybod. Hier erwarten uns die letzten drei Sehenswürdigkeiten - das Taubenhaus, das Eislager und die Zitadelle Narin Ghale - für heute.
Meybod ist berühmt für die Zilous, die nur hier hergestellt werden. Zilou ist ein gewebter Teppich, der traditionell nur in den Farben blau-weiß oder rot-braun hergestellt wird. Dreht man den Teppich um, sind die Farben gewechselt, aus blau wird weiß und aus weiß wird blau.
Das Erstellen dieses Teppichs ist schwere, körperliche Arbeit, deshalb wird sie ausnahmslos von Männern durchgeführt.
Wir fahren nach Narin Ghale, einer ehemaligen Zitadelle, in der auch der ortsansässige König wohnte. Das über 2000 Jahre alte Gebiet verfügt über 700 Räume, wobei der Königspalast den Mittelpunkt bildet.
Narin Ghale ist im Design dem Ali Qapu-Palast von Esfahan ähnlich. Hoch oben auf dem Palast befindet sich eine Terrasse, deren Umlauf durch zwei wendelförmige Treppenhäuser bereitgestellt wird.
Die gesamte Anlage umgeben vier Wachtürme und nur ein großes Tor ermöglicht den Zugang zu dem großen Innenhof. Sie wurde damals als Festung mit drei verschiedenen Etagen für jeweils eine andere Gesellschaftsschicht errichtet.
Die Lage der Zitadelle unterscheidet sich von anderen darin, dass man von ihr, in jede Richtung mehr als 70 Kilometer blicken kann. Aus strategisch Gründen, wurde sie Bergen gebaut, so dass Invasoren erst die Berge überwinden und dann weitere 70 Kilometer marschieren mussten, um zu ihr zu gelangen. Unliebsame Eindringlinge wurden am Tor mit heißem Wasser, Öl oder Teer empfangen.
Das Yach-tschāl, ganz in der Nähe der Zitadelle fungierte früher als Eislager für die Bevölkerung. Es ist ein traditioneller Kühlraum, der hauptsächlich in Persien seit dem 5. Jahrhundert verbreitet war. Bereits 500 v. Chr. bauten die Perser erste unter- und oberirdische Kühlräume, die durch komplexe Belüftungssysteme eine Kühlfunktion erwirkten.
In diesen unterirdischen kuppelartigen Gebäuden wurde Eis aufbewahrt, dass im Winter hergestellt wurde. Es wurden u.a. zur Frischhaltung von Lebensmitteln verwendet. Die über 2 Meter starken Wände der Kuppel, verhinderten ein Vordringen der Hitze in das Innere.
Den letzten Stopp für heute, machen wir am Taubenhaus. Auch davon gibt es in Persien unendlich viele. Dieser hier gibt Unterschlupf für über 4000 Tauben. Sie wurden hauptsächlich gehalten, um aus ihren Exkrementen Dung herzustellen und diesen dann zu verkaufen.
Müde kommen wir 16:20 Uhr wieder am Hotel an. Es war wieder ein toller Tag, mit vielen neuen Eindrücken und spannenden Erkenntnissen. Wir duschen und ruhen uns etwas aus, ehe wir am Abend Yazd ein letztes Lebewohl sagen.
Auf den Dachterrassen trinken wir Tee und später eine Limonade, eine Wasserpfeife schaffen wir nicht mehr.
Morgen fahren wir 8:45 Uhr mit dem Bus nach Kerman. Dort erwartet uns am darauf folgenden Tag eine Tour in die Wüste Ka Lut.









































































Kommentare