top of page

Hiroshima – Kobe

Aktualisiert: 10. Juli 2023


13. Juni Es regnet in Kyoto. Auch schon 6:00 Uhr als ich aufstehe. Das war geplant, denn wir wollen heute auch nach Hiroshima. Dort regnet es nämlich nicht. Ich hole beim Family Markt an der Ecke Sandwiches und Kaffee. Die Verkäuferin kennt mich nun schon und lächelt sogar. Geht doch. Auch die Papphalterung für die Kaffeebecher gibt sie mir gleich. Nur die Frage nach kaltem oder warmen Kaffee stellt sie immer noch.


Nach dem Frühstück machen wir uns 7:15 Uhr auf den Weg zum Bahnhof. Unser Shinkansen fährt 8:00 Uhr ab. Nur dieser und der nächste Zug fahren am Morgen direkt nach Hiroshima, bei allen anderen Zügen müssen wir in Osaka umsteigen. Das wollen wir nicht.


Am Ticketschalter besorgen wir uns noch eine Platzkarte, die mit dem JR Pass kostenlos ist. Eigentlich benötigt man keine Platzkarte, da in allen Shinkansen Zügen die Wagen 1-5 nicht reservierbare Sitze anbieten. Zu mindestens bei den Zügen mit 16 Wagen. Das sind fast alle, manche haben nur acht Wagen, da sind die Waggons 1-3 für Reisende ohne Platzkarte.


Die 380 km lange Strecke wird in 118 Minuten bewältigt und ich muss nicht erwähnen, dass der Zug pünktlich abfährt und pünktlich ankommt. In Osaka steigt eine Gruppe spanischer Rucksacktouristen ein und unterhalten in ihrer landestypischen Lautstärke das ganze Abteil.


Wir setzen uns in den nächsten Wagen, der ist schön leer. Nicht ohne Grund. In Kobe steigen drei Schulklassen ein. Wir verziehen uns in den Wagen 3. Der ist wiederum schön leer und hier kann uns niemand mehr den Platz streitig machen. Ist ja ohne Reservierung.


Wir beobachten die Gegend, Reisfelder und viele kleine Dörfer ziehen an uns vorbei. Die Häuser, meist einstöckig sind sehr nah aneinander gebaut, es sieht aus, als ob es hier gar keine Privatsphäre gibt. In den Großstädten dominieren die Hochhäuser, die im Einheitsgrau daher kommen. Das wirkt manchmal etwas trist und ist es wahrscheinlich auch.


Hiroshima hat keinen besonders großen Bahnhof, aber auch hier ist alles super sauber und gut ausgeschildert. Und auch hier gibt es gleich am Ausgang eine Touristeninformation mit englisch sprechenden Mitarbeitern. Wir haben überhaupt den Eindruck, dass viele Japaner zu mindestens einige Brocken verstehen und dann auch Hinweise geben können. Wenn auch nicht immer zielführend.


Wir fragen nach den Transportmöglichkeiten und erhalten zwei Möglichkeiten zur Auswahl: Den roten Touristenbus, die immer überteuert sind oder die normalen Verkehrsmittel. Wir entscheiden uns für die Straßenbahn, auch wenn die nette Mitarbeiterin uns immer den Hop On Hopp Off Bus schmackhaft machen will.


Wir nehmen also die Tram Nummer 1 um den Friedenspark zu erreichen. Hier wird aber erst beim Aussteigen bezahlt. Das wissen wir nicht und rennen zum Fahrer um unseren Obolus, 160 Yen an den Mann zu bringen. Der nimmt das Geld auch und will uns gleich wieder rauslassen. Wir stellen uns dumm, ich weiß, das fällt nicht schwer, und setzen uns wieder hin.

ree
ree

An unserer Station verlassen wir die Tram, der Fahrer weiß auch Bescheid und lächelt uns milde an. Im Hiroshima Friedenspark befinden sich die Friedensglocke, das ewige Feuer und das Museum.


Wir steuern zuerst das Museum an, da eigentlich noch recht wenig Menschen zu sehen sind und wir dadurch hoffen, dass es noch nicht so voll ist. Der Eintritt kostet pro Person 200 Yen, ein obligatorischer Audioguide noch einmal 300 Yen. Für €8 ist man also dabei, ein fairer Preis.


Der Ostflügel ist leider wegen Renovierungsarbeiten bis Oktober geschlossen, der Rest den man zu sehen bekommt, macht aber auch schon sehr betroffen. Es sind viele Kleidungsstücke von damals ausgestellt, die gefunden oder von toten Personen entfernt wurden.

Einige Szenen sind nachgestellt, so auch wie Menschen mit verbrannter und zerfetzter Haut durch die Straßen liefen. Ein beeindruckendes Stück Geschichte, die daran erinnert und mahnt, dass so etwas nie wieder passieren darf.

Wir schauen uns nach dem Museumsbesuch den ganzen Park an und machen dann noch mit dem Hopp On - Hopp Off - Bus eine Runde durch Hiroshima. Für Besitzer des JR-Passes ist die Fahrt übrigens kostenlos, ansonsten 200 Yen pro Tag. Das wollte uns also die Touristeninformationsmitarbeiterin vorhin sagen.


Da Hiroshima sonst nicht viel zu bieten hat, fahren wir nun noch nach Kobe. Das liegt sowieso auf unserem Rückweg, warum also nicht mal gucken. Am Bahnhof Hiroshima wollen wir aber noch etwas essen, langsam bekommen wir Hunger. Wir entdecken ein kleines Nudelrestaurant, das auch gut mit Japanern besucht ist. Und das ist ja immer ein gutes Zeichen.


Vor dem Eingang liegt ein Zettel aus, auf den der Name des potentiellen Kunden und die entsprechende Anzahl aller beteiligten Esser geschrieben werden muss. Der Kellner kommt dann immer nach vorn und arbeitet die Liste ab. Der Einfachheit halber schreibe ich als Namen nur Ho Chi Minh und so bekommen wir nach fünf Minuten unseren Platz zugewiesen.


Wir sehen erst jetzt, dass hier spezielle Hiroshima Nudelgerichte angeboten werden. Heidi wählt die Hiroshima Tsukemi- und ich die Karamiso-Tsukesoba-Nudeln. Beide Gerichte sind reine Nudelgerichte mit Ei, Schweinebraten und rohem Gemüse. Allerdings sind Heidis Nudeln kalt und meine heiß.


Gemeinsam bekommen aber beide einen Sesam Dip, der in einer Schale serviert wird. Für ihn muss man vorher den Schärfegrad festlegen - von 1 (Mädchen) - 100 (Tod). Heidi wählt die 1 und ich die 7. Das Essen ist fantastisch und der Dip - von der Schärfe und Geschmack - sensationell.

In 88 Minuten bringt uns der Shinkansen Hakari nach Shin-Kobe. Die freundliche Dame an der Touristen-Information macht uns zwei Vorschläge für einen Aufenthalt von 2-3 Stunden. Einer ist der Besuch der Shoppingmeile von Kobe, der andere der Besuch der Wasserfälle und des Kräutergartens. Diese Tour dauert 40 Minuten.


Natürlich wollen wir die Wasserfälle sehen. Bis zu den Wasserfällen dauert der Spaziergang etwa 15 Minuten, bis zum Kräutergarten noch einmal 25 Minuten. Wird uns erklärt. Der Weg zu den Wasserfällen ist ausgeschildert. Wie in Japan nicht anders zu erwarten, geht es erst einmal bergauf.


Es sind insgesamt vier Wasserfälle die es zu bestaunen gilt, am ersten sind wir relativ schnell. Danach ist wieder alles hervorragend ausgeschildert und erklärt. Leider nur auf Japanisch, was es etwas komplizierter macht, den weiteren Weg zu finden. Vor allen Dingen, wenn eine Gabelung kommt und die Richtungspfeile in beide Richtungen zeigen. Wie jetzt.


Wir finden trotzdem den Weg, aber nur weil auch noch Einheimische unterwegs sind, denen wir gutgläubig, unauffällig hinterher trotten. Es geht durch dichten Wald, der angenehm duftet und ein bisschen an Urwald erinnert. Wahrscheinlich auch der unglaublichen Schwüle die hier herrscht geschuldet.

Die Wasserfälle sind allesamt beeindruckend, man kann immer auf extra Beobachtungspunkte gehen um dem Geschehen so nah wie möglich zu kommen.


Nun kann es bis zu den Kräutergärten ja auch nicht mehr so lange dauern - denken wir. Nach einer Kehre entdecken wir wieder unsere altbekannten, hinterlistigen Feinde: naturbelassene Stufen. Bergauf. Nie, es geht in Japan NIE bergab immer hoch. IMMER!


Und es ist heiß und schwül. Auch IMMER. Aber heute sind die Treppen noch steiler als sonst. Wieder sind wir dem Tode nah und diesmal sogar ohne Orientierung, da die Japaner nicht so blöd sind und hier lang laufen, die nehmen lieber die Seilbahn.


Nach 45 Minuten erreichen wir das Ziel. Als Entschädigung erhalten wir einen atemberaubenden Blick auf den Hafen von Kobe. Der Kräutergarten zieht sich noch einmal hundert Meter am Hang entlang. Richtig, nach oben. Nicht mit uns.

Wir essen lieber selbst hergestelltes Lavendeleis (vorzüglich) und freuen uns, dass hier eine Station der Seilbahn ist. Von nun an geht's bergab. Für jeweils 700 Yen darf man sich in eine der ominösen Kabinen setzen und mit dem Tod im Nacken zur Talstation fahren.


Bei jedem Übergang wackelt es beträchtlich und ich schließe meine Augen zum Gebet. Heidi indessen filmt fröhlich und will jetzt auch noch aufstehen und den Platz wechseln. Ich flehe sie an still sitzen zu bleiben und keine Experiment zu veranstalten.


Es steht auf den Hinweisschildern nicht ohne Grund, dass man seinen Platz während der Fahrt nicht verlassen darf. Öffne ich einmal für einen kurzen Blick die Augen, zeigt sich das herrliche Panorama von Kobe, speziell aber vom Hafen mit seinen vielen Schiffe.


Unten angekommen, werden wir durch den Giftshop nach draußen geleitet. Hier gibt es Seifen und Cremes, die aus Kräutern hergestellt sind. Sehr teuer und sehr wohlriechend.


Die Talstation befindet sich direkt am Kobe Hautbahnhof und da es erst früher Nachmittag ist, nehmen wir die U-Bahn ins Zentrum der Stadt. Hier fährt ein City Loop Bus, der alle Sehenswürdigkeiten der Stadt abklappert. Dort steigen wir ein, eine Tour kostet etwa €2,30. Im Bus steht eine Frau, die die ganze Zeit alles Mögliche erklärt. In einer sehr hohen Stimmlage und auf Japanisch. Und immer freundlich und lächelnd.

Kobe ist auf den ersten Blick eine pulsierende Stadt, moderner als Kyoto und die Straßen sind mit Autos verstopft. Ach ja, wie hören hier die erste Autohupe im Urlaub. Hooligans.


Wir warten am Bahnsteig 1 auf unseren Hikari nach Kyoto. Start ist 18:25 Uhr. Es ist 18:15 und es fahren während unserer Wartezeit noch zwei Züge von unserem Bahnsteig nach Kyoto. Nozomi-Züge, die schnellsten der Shinkansen Baureihe, mit denen wir nicht fahren dürfen.


Dann kommt schon unser Zug und 30 Minuten später landen wir in Kyoto. Es fuhren also in 10 Minuten drei Züge Richtung Tokio und als wir in den Bahnhof Kyoto einfahren, fährt am Nachbargleis auch schon der nächste Nozomi nach Tokio ein. Was für eine Logistik.


Wir kaufen uns noch zwei Bentos mit Sushi und erreichen nach 12 1/2 Stunden wieder unser Hotel.


Ich trinke müde noch ein Ashini und falle nach dem Essen todmüde ins Bett.

Kommentare

Mit 0 von 5 Sternen bewertet.
Noch keine Ratings

Rating hinzufügen
bottom of page