Hongkong Island
- Holger Schweitzberger
- 17. März 2019
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 10. Juli 2023
18. Juni Sonnenschein beim obligatorischen Blick aus dem Fenster. Gegen 5:45 Uhr verlassen wir das Hotel und laufen zum Bahnhof Shinjuku, Eingang B13. Die Straßen sind noch leer, nur ein paar Nachtschwärmer, die alle samt zu viel Alkohol getrunken haben, kommen uns entgegen. Mit ziemlichen Gleichgewichtsstörungen.
Auch in den Bahnhofsgängen herrscht noch gähnende Leere. Da wo gestern noch die Exquisit-Läden ihre Pforten geöffnet hatten, duftet es jetzt wie in jeder anderen Großstadt nach den üblichen Gerüchen. Auch hier liegen Schnapsleichen auf der Erde und warten auf göttlichen Beistand oder wenigstens die Beendigung ihres Vollrausches.
Wir wissen seit gestern, dass wir zum Gate A9 müssen, ab da fahren alle Züge der JR Linie, auch der Narita Express, der uns zum Airport bringt, ab. Hierfür werden wir unseren JR Pass das letzte Mal verwenden.
Für den Narita Express wird eine Reservierung benötigt. Da wir sie gestern schon für 6:51 Uhr besorgt haben, brauchen wir nun noch eine für den Zug der 6:34 Uhr fährt. Ich frage mich beim Personal nach dem Ticket Office durch. Werde ein paar Mal fehlgeleitet, erreiche aber trotzdem pünktlich mit den Reservierungen den Bahnsteig 6, wo Heidi auf mich wartet.
Pünktlich fährt unser Zug los, für die Strecke werden von Japan Railways ungefähr 80 Minuten veranschlagt. Wer zweifelt schon daran? In den Informationsblättern des Narita Express ist übrigens zu lesen, dass JR Pass Inhaber keine Reservierung benötigen.
Obwohl überall angeschlagen ist, dass dieser Zug NUR mit einer Platzkarte benutzt werden darf. Nun denn. Wir essen am Terminal 1 noch ein japanisches Frühstück mit Udon Nudelsuppe, einer Reisschüssel mit Tunfisch, frischem Gemüse, Tofu und Tee.
Frisch gestärkt durchqueren wir die Sicherheits- und Passkontrolle. Alles verläuft reibungslos und mit gewohnter Freundlichkeit. Für 9:35 Uhr ist das Boarding angegeben und wie soll es anders sein - 9:35 Uhr ist Boarding. Irgendwann muss doch mal irgendetwas Verspätung haben, wenigstens eine Minute. Nur eine, bitte.
Na ja, jedenfalls nicht heute, denn wir starten auch pünktlich 10:00 Uhr. Während des Fluges werden auch alkoholische Getränke gereicht und da wir ein nahrhaftes Frühstück hatten, genehmigen wir uns ein Kirin.
Der gesamte Flug verläuft unspektakulär, wir erhalten noch ein Essen - ich Aal und Reis und Heidi Schweinefleisch und Reis - und landen schließlich nach 4 1/2 Stunden auf dem Internationalen Flughafen von Hongkong. Die Immigration geht sehr schnell von statten, es werden keine Fingerabdrücke genommen oder Fotos gemacht.
Nach zehn Minuten haben wir unsere Stempel im Pass und die Volksrepublik vor uns. Wir kaufen zwei Tickets ($150) für den Airport Express, der uns in zwanzig Minuten nach Kowloon bringt und machen uns auf die Suche nach einer Octopus Card, mit der man - ähnlich der Suica Card - einkaufen und die Nahverkehrsmittel benutzen kann.
Es gibt am Airport allerdings nur eine Gelegenheit diese Karte zu erwerben und dort steht eine unendlich lange Menschenschlange an. Um anzustehen ist uns unsere Zeit zu kostbar und wir machen uns erst einmal auf den Weg zum Hotel. Auch in Hongkong ist die Ausschilderung etwas gewöhnungsbedürftig und die Servicemitarbeiter, die man um Hilfe bittet, oft unfreundlich, also kein Vergleich zu Japan.
In Kowloon angekommen, fahren wir mit dem kostenlosen Shuttlebus zu unserem Hotel, dem YMCA Salisbury. Es wird viel gebaut und die Rushhour hat wohl auch eingesetzt und so brauchen wir gut 25 Minuten für die knapp drei Kilometer. Im Hotel ist am Check-In Schalter Hochbetrieb, eine lange Reihe Gäste wartet auf Abfertigung.

Der Mitarbeiter, den wir die ganze Zeit als Schwachstelle ausmachen, ruft uns zu sich. Es geht wider Erwarten aber zügig, wir erhalten unsere Keycards für den Raum 1143 in der 11. Etage. Wir haben Blick auf den Victoria Harbor, den Hafen von Hongkong. Ein imposantes Bild und wunderschön.
Doch dann Entsetzen als wir ins Bad kommen. Nur eine einfache Toilette und die ist nicht einmal beheizt. Das ist ja wie zu Hause. Ja, ja andere Länder, andere Sitten.
Nach einer kurzen Verschnaufpause beschließen wir nach Hongkong Island zu fahren, also auf die andere Seite Hongkongs, die wir vom Fenster aus sehen können. Wir laufen zu den Piers wo die Fähren abfahren und spüren sie gleich - die schwüle Luft und die hohen Temperaturen.
Wir bahnen uns den Weg durch die Menschenmassen und ziehen unser Ticket für die Fähre nach Central. Die Octopus Card haben wir am Bahnhof Kowloon gekauft, dort war alles leer und wir danach um $300 ärmer. Nicht verbrauchtes Geld bekommen wir zurück, wenn wir die Karte abgeben.


Wir sitzen auf dem Oberdeck und schippern gemütlich in zehn Minuten auf die andere Seite. Die Fahrt kostet umgerechnet 40 Cent und ist somit ein preiswertes Vergnügen.
In Central angekommen, machen wir uns auf die Suche nach den Ding Dings. Das sind uralte, doppelstöckige Trams, die nur auf Hongkong Island fahren. Sie sind fast einzigartig auf der Welt, nur in Blackpool, England werden sie wohl noch eingesetzt.
Wir schnappen uns die erst Beste und lassen uns überraschen, wohin die Reise geht. Wir fahren durch das Straßengewirr, das beidseitig von modernen Skyscrapern, abrissreifen oder heruntergekommenen Häusern und Geschäften umfasst ist.
Es ist laut und es duftet an jeder Ecke nach Essen. Es herrscht ein emsiges, chaotisches Treiben und es ist, im Gegensatz zu Japan schmutzig. So kennen wir Asien von unseren letzten Besuchen. Es hat einen ganz besonderen, eigenen Charme.
Nachdem wir eine Stunde die verschiedensten Bahnen ausprobiert haben, suchen wir ein Möglichkeit um zu essen. Wir stoßen auf ein kleines Restaurant in einer Nebenstraße. Wir bestellen eine halbe Ente und krosses Schweinfleisch. Dazu wird kostenlos Wasser serviert. Aber das ist warm und nicht, weil es so lange herum gestanden hat, nein, es wurde extra warm gemacht.

Der Kellner sieht uns bei unserer Bitte nach kaltem Wasser ratlos an. Cold Water? Dann versteht er, kaltes Wasser hat er nicht aber Eiswürfel. Na, dann eben so.
Wir erhalten zwei große Portionen Fleisch und eine Schüssel Reis. Vorbeigehende Gäste sehen auf unseren Tisch und deuten an, dass sie sich freuen, dass wir chinesisch und dann auch noch solche Portionen essen.
Als wir wieder auf die Straße kommen, beschließen wir wieder einmal, eine Woche lang kein Fleisch mehr zu essen. Wir machen uns auf den Rückweg nach Kowloon, gehen wieder zur Fähre und können dabei auf dem Wasser den Sonnenuntergang betrachten. Kitschig schön.
Es ist mittlerweile 19:30 Uhr und wir holen im 7 Eleven noch ein paar Getränke, um dann von unserem Fenster aus, die Symphonie of Lights zu beobachten, die täglich um 20:00 Uhr für 14 Minuten am Ufer von Kowloon Island durchgeführt wird.

Schon jetzt haben wir eine wunderschöne Aussicht auf alle beleuchteten Gebäude der Gegenseite. Die vielen Leuchtreklamen lassen den gesamten Hafenbereich erstrahlen.
Die Show selbst ist eher eine Aneinanderreihung von Laserstreams, haut uns aber nicht vom Hocker. Morgen werden wir das ganze mal direkt am Hafen beobachten. Da die Show zusätzlich mit Musik untermalt wird, ergibt sich vielleicht eine ganz andere Auffassung.
Wir trinken noch ein Glas Wein und schlafen nach dem anstrengenden Tag in unseren sozialistischen Betten ein.
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