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California Zephyr: Reno – San Francisco


15. Juni 5:00 Uhr sind wir beide wach. Diesmal haben wir besser geschlafen. Aber halt, »Set back your watch one hour« war ja gestern Abend die vorletzte Mitteilung. Wir haben Pacific Time, also die Uhr nochmal eine Stunde zurückstellen. Okay, es ist also erst 4:00 Uhr. Was soll’s.


Draußen wird es langsam hell, beleuchtete Trucks fahren an uns vorbei, die sehen so aus wie in der Coca-Cola Reklame. Die Landschaft hat sich noch nicht verändert, aber wir sind in Nevada. Dem Bundesstaat des legalisierten Glücksspiels. Heute werden wir noch den California Donnerpass und die High Sierra las Highlights erleben, Und wir zusätzlich, exklusiv, Bob. Aber er ist ja ein Netter.


5:40 Uhr. Stopp in Winnemucca. Hier soll unsere Toilette repariert werden. Wird sie auch. Bob bleibt am Leben. Noch.


6:30 Uhr brechen wir zum Frühstück auf. An unserem Tisch sitzt schon ein gesprächsfreudiger Ami. Der hat sich wohl schon die ganze Nacht auf einen netten Smalltalk gefreut. Also dann, das Übliche: »…wir sind sein ein paar Tagen in den Staaten, bleiben 3 Wochen, fahren bis San Francisco, nehmen dann einen Mietwagen. Ja, wir waren schon einmal in Amerika, es gefällt uns sehr gut…«

Dann kommt Mike Tyson. Unausgeschlafen. Ziemlich mürrisch. Natürlich erhält er den freien Platz an unserem Tisch. Jetzt keine falsche Bewegung. Bob ist auch nicht da. Der andere Ami drückt ihm gleich ein Gespräch auf. Ich denke das er gleich ermordet wird. So guckt Mike wenigstens.


Da aber alle Amis dieses »am Tisch gern und viel unterhalten – Gen« mit der Muttermilch eingesogen haben müssen, wird auch Tyson-Baby plötzlich gesprächig und es sprudelt aus ihm, wie aus einem Wasserfall.


Er kommt aus Buffalo, fährt zu seiner Mutter und hat für die Bahnkarte nur ganz wenig Geld bezahlt. Er ist zwar schlecht zu verstehen, da er sehr nuschelt und einen furchtbaren Slang hat, aber solange er immer noch lächelt.


Er gibt uns Tipps für San Francisco, wir unterhalten uns über Obama und »Empty Brain« Sarah Palin. Bei Unklarheiten schauen wir in unser Wörterbuch. Mike hat wohl nicht verstanden, dass das Buch zwei Varianten enthält EN/DE und DE/EN. Da er meist Wörter im hinteren Alphabet abgreift, sucht er dementsprechend weit hinten. Dezent weise ich ihn darauf hin, dass er doch sicher kein deutsches Wort sucht…


Da er offensichtlich seine Brille vergessen hat, muss er, um zu lesen, das Buch ziemlich weit weg halten. Als ich ihm mitteile, dass seine Arme sicher zu kurz sind, ist das Eis gebrochen. Den Witz kannte er wahrscheinlich noch nicht, auf jedenfalls lacht er herzhaft.


Als Freunde gehen wir auseinander. Ach ja, gegessen haben wir das Omelett mit Vegetable – in diesem Fall Champignons. Und Tee getrunken, der Kaffee wird immer dünner.


Ab Reno kommen Ranger in den Zug, die bis Sacramento die einzelnen Sehenswürdigkeiten erläutern. Wir fahren durch die Sierra Nevada und in ca. 2.400 Metern Höhe hat uns der Schnee auch wieder. Hier in den Wäldern liegt noch ziemlich viel davon herum und denkt gar nicht daran zu tauen.


Die Landschaft ähnelt jetzt dem Thüringer Wald. Wir fahren durch Reno – »The biggest little City in the World«. Wir sind noch in Nevada, also das Glückspiel ist noch legalisiert.


Lunchtime. California. Ein letztes Mal nehmen wir im Diner Car Platz. Auf uns warten schon zwei geprächshungrige Nordamerikaner. Aber entweder wir haben etwas falsch gemacht, obwohl – ein Ritual konnte ich nie erkennen, oder die beiden haben keine amerikanischen Eltern.


Das ganze Essen über müssen wir nicht über uns Auskunft geben und können so uns selbst widmen. Zum Schluss das obligatorische Häagen Dasz Vanille Eis. Das nehmen wir mit in unser Abteil und genießen es bei immer noch herrlichem Wetter und einer wunderschönen Aussicht.


So wie es aussieht, hat unser Zug 45 Minuten Vorsprung. Das habe ich ja auch noch nicht erlebt. Uns soll es egal sein.


Je eher sind wir in San Francisco.

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