Seton Lake – Lillooet – 100 Mile House – Wright – Helena Lake
- Holger Schweitzberger
- 26. März 2019
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 8. Juli 2023
08.Mai Die ruhige Nacht endet diesmal 5:30 Uhr. Ich gucke noch eine Folge "Der Alte" mit Siegfried Lowitz und heize danach unseren Raum ein. Draußen zwitschern die Vögel und es duftet nach Wald. Der Himmel ist wieder fast wolkenlos, hoffen wir, dass es heute auch so bleibt.
Unser heutiges Ziel ist der ca. 220 km entfernte Helena Lake. Der befindet sich weiter nördlich von uns, in der Nähe von Wright an der Route 97. Wir frühstücken gemütlich Wraps mit Creme Cheese, Tomate, Putenschinken und Cheddarkäse. Alles schön in der Mikrowelle erwärmt, so dass der Käse zerläuft. Dazu Maxwell Kaffee, Orangensaft und warme Sonnenstrahlen. Danach geht’s zum Verdauen noch eine Runde um den Campingplatz, es duftet noch immer nach Wald und Wiese und die Vögel üben sich im Sangeswettstreit.
Nach der Abfahrt besuchen wir noch einmal den Seton Lake, der uns gestern schon mit seiner grünen Farbe begeistert hat. Das ist heute nicht minder der Fall, die Sonne lässt alles noch einmal wie eine kitschige Postkarte aussehen.




In Lillooet, ca. fünf Kilometer entfernt, steuern wir das Visitor Center an. Es ist leider noch geschlossen, aber das freie WLAN funktioniert. Und deshalb sind wir ja gekommen. Ich schicke meine Reiseberichte los und wir chatten über WhatsApp noch ein bisschen mit der Heimat.
Nachdem wir auftanken und einen kleinen Spaziergang durch den Ort unternehmen, setzen wir unsere Fahrt fort.




Verschwunden sind die schneebedeckten Berge, sie werden von riesigen Wäldern und Seen abgelöst, die wie aus dem Nichts immer wieder auftauchen. Ein See, dessen Name ich aber im Moment nicht mehr weiß, hat es uns ganz besonders angetan. Die Route 97 - der Caribou Highway - führt uns teilweise mit erlaubten 110 km/h immer nördlicher in Richtung Wright und irgendwann finden wir einen Rastplatz mit schöner Aussicht.
Wir kochen Kaffee und essen dazu Brownies und Heidi zusätzlich ein Eis - wer hat der kann. Die Sonne scheint erbarmungslos in unsere Fenster, so dass uns nichts weiter übrig bleibt, als diese zu verdunkeln. Kurz vor Wright erscheint der Lac La Hache Lake, ein riesiger See, um den viele private Campgrounds mit den wildesten Versprechungen um die Gunst der vorbei fahrenden Reisenden buhlen.
Allerdings haben die meisten noch geschlossen, die Saison beginnt erst Mitte Mai - Anfand Juni. In Wright biegen wir links in die Wright Station Road ab. Hier wird auch schon unser heutiges Ziel, der Helena Lake Campground angekündigt. Ein großes Schild gibt erste Informationen, so auch das der Campingplatz ab Mai $12 kostet und nicht mehr kostenlos ist.
Die Entfernung beträgt noch 12 km. Und das Schotterweg. Schlimmer ist allerdings, dass nichts ausgeschildert ist und man bei Kreuzungen nicht weiß, welche Richtung man einschlagen soll. Zum Glück habe ich maps.me, dass mir den Weg zum See anzeigt.

Wir fahren durch dichten Wald, ohne auch nur im Geringsten einen See zu hören oder zu sehen. Laut Navi befinden wir uns eigentlich schon mitten auf ihm, bis endlich, wie aus dem Nichts ein großer See zum Vorschein kommt.
Majestätisch liegt er, eingebettet von Nadelwald vor uns. Nur vier Womos haben den Weg hierher gefunden und so erwartet uns ein Platz direkt am Wasser - wieder mit Feuerstelle und Holzbank und -tisch.
Wir fahren unsere Markise aus, einerseits um sie zu testen und zum anderen um uns vor der Sonne zu schützen. Unter ihr trinken wir ein Begrüßungstrunk und testen danach die Temperatur des Wasser. Gar nicht mal so kalt. Leider hat Heidi unsere Badesachen vergessen, so dass nur die Füße in den Genuss der Abkühlung kommen.



Ich begebe mich in einen 90-minütigen Mittagsschlaf, damit ich heute Abend nicht wieder 20:00 Uhr ins Bett geschickt werde. Auch ich möchte mal etwas länger aufbleiben.
Gegen 18:00 Uhr sitzen wir, mit Blick auf den See und in die Sonne, am Tisch und essen Nachos mit Hühnchen. Dabei beobachten wir die Tiere und die Angler in ihren Booten. Wir entdecken aber keinen, der auch nur einen Fisch an Land bringt.
Entschuldigend unser Essen zu stören, steht plötzlich eine Frau neben uns, die die Campingplatzgebühr einsammelt. Wir schwatzen ein wenig, sie bricht sich beim Ausfüllen der Registrierung fast die Hand, als sie unseren Namen eintragen muss.
Gemeinsam und unter großer Belustigung meistern wir aber diese schier unüberwindliche Hürde. Auf die Frage ob Holz käuflich zu erwerben sei, antwortet sie, dass ihr Sohn uns nachher welches vorbei bringt. Dieser steht gerade neben ihr und an seinem Gesichtsausdruck kann ich seine grenzenlose Freude ob dieser Nachricht ablesen.
Das Leben eines 11-jährigen kann hart sein. Und ungerecht. Wir zünden unsere letzten zwei Holzscheite an und wärmen uns an der Feuerstelle. Heidi zaubert zwei Gin Tonic und der Sohn der netten Frau bringt weiteres Holz. Allerdings hat der sich in den letzten 1,5h einer Metamorphose unterzogen und sieht jetzt aus wie seine Mutter.
Nachdem wir die Frage, ob wir gern Käse essen bejahen, schenkt er, oder doch sie, uns selbst gemachte Ziegen- und Kuhkäse. Wir bedanken uns und sind wieder von der Freundlichkeit der Kanadier beeindruckt.
Der Käse schmeckt übrigens hervorragend. Heidi legt unterdessen Stasiallüren an den Tag und kundschaftet mit dem Fernglas den gesamten Campingplatz und den See aus.
Dabei entdeckt sie auch einen Biber, der vor unseren Augen immer hin und her schwimmt. Ich sehe diesen Nager zum ersten Mal in meinem Leben in freier Wildbahn. Inzwischen macht sich die Sonne auf den Weg nach Deutschland und verschwindet langsam feuerrot am Horizont.



Zahlreiche Fotos müssen diese Reise festhalten. Dieser Campingplatz gehört von der Umgebung zum schönsten den wir bisher hatten, wenn wir mit einem Wohnmobil unterwegs waren. Lange sitzen wir noch an unserem Feuer und genießen die Stille und Ruhe, die dieser See ausstrahlt. Nur das laute Rufen der hier ansässigen Eulen sorgt dafür, dass wir nicht in Trance verfallen.
Gegen 23:00 Uhr begeben wir uns ins Innere und bei einer Folge Der Alte schlafe ich müde ein.
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